Vor einem Jahr starb Jörg Haider – doch sein Mythos lebt weiter. Allerdings nur in Kärnten. Die Stelle, wo der Rechtspopulist in den Tod raste, wurde zur Pilgerstätte.

Klagenfurt - Vor einem Jahr starb Jörg Haider – doch sein Mythos lebt weiter. Allerdings nur in Kärnten. Der renommierte österreichische Politologe Peter Filzmaier räumt ein, dass er den Jahrestag eigentlich „nur berufsbedingt“ zur Kenntnis nimmt. „Auf meinen Computer habe ich die Angaben von den Spitzenpolitikern gespeichert.“ Und außerdem habe die Apa, die österreichische Presseagentur, bereits pflichtschuldig auf das Datum hingewiesen.

In Kärnten freilich - jenseits des Katschbergs und Packsattels - werden dem Rechtspopulisten und langjährigen Landeshauptmann Kärntens immer neue Elogen zuteil. "Da ist Haider unverändert präsent", stellt Filzmaier fest und spricht von Mythologisierung und gelegentlich aufflammender Hysterie. Die Landtagswahl im März gewann der tote Landeshauptmann mit einem Ergebnis, das er nicht einmal zu Lebzeiten schaffte: 45 Prozent der Wähler stimmten für die Haider-Partei "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ). Auf der BZÖ-Homepage ist eine schwarz umrandete Karte mit Haiders Konterfei abrufbar. "In stiller Trauer und tiefer Betroffenheit!" ist zu lesen.

Der steirische BZÖ-Verband gab am vergangenen Wochenende den Startschuss für eine ganze Reihe von Gedenkveranstaltungen: Haider-Getreue, darunter die Witwe Claudia und Schwester Ursula Haubner, wanderten vereint zum Wallfahrtsort Mariazell. Nach einer Andacht zeigte sich Claudia Haiders gerührt über die Anteilnahme - sie sprach von "Silberfäden, die in dunklen Zeiten verhindern, dass die Seele reißt." Auch der steierische BZÖ-Chef Gerald Grosz sparte nicht mit Pathos: "Das ist ein schöner Anlass, sich an einen großartigen Menschen, an einen lieben Freund und ein großes Vorbild zu erinnern."

Freund und Feind würden sich in Österreichs südlichem Bundesland immer noch schwer tun, politische Reden ohne einen Hinweis auf Haider zu halten, sagt Filzmaier - ein Hinweis dafür, dass Haider nach wie vor als Identifikationsfigur gebraucht werde. "In Kärnten gibt es ja nicht so viele." Gerhard Dörfler, Haiders Nachfolger als Landeshauptmann, werde in der Öffentlichkeit nach wie vor allenfalls als Stellvertreter Haiders wahrgenommen.

Haider starb in der Nacht zum 11. Oktober 2008 bei einem Verkehrsunfall. Beim Überholen eines anderen Fahrzeugs kam er in der Kärntner Ortschaft Lambichl mit seinem VW Phaeton von der Straße ab und überschlug sich mehrfach. Er war stark alkoholisiert - 1,8 Promille - und die zuletzt gemessene Geschwindigkeit lag bei 142 km/h. Sämtliche Verschwörungstheorien - Israels Geheimdienst Mossad und eine österreichische Bankenmafia wurden ins Spiel gebracht - erwiesen sich als haltlos. Die technische Auswertung habe ergeben, dass das Unfallauto in "einwandfreiem Zustand" gewesen sei, auch habe es keine Manipulationen oder sonstige Fremdeinwirkung gegeben. Die Obduktion konnte auch medizinische Ursachen für den Unfall, etwa einen Herzinfarkt oder eine andere Krankheit, ausschließen. Da war auch kein Agent, der Haider K.o.-Tropfen ins Getränk geschüttet haben könnte. Die Untersuchung der Grazer Gerichtsmedizin wurden von einem zweiten Gutachten der Uni Innsbruck bestätigt.