Diesel ist deutlich preiswerter als Superbenzin. Dies liegt nicht zuletzt an den unterschiedlichen Steuersätzen auf Kraftstoffe. Foto: dpa

Beim Diesel-Bashing wegen des Abgasbetrugs von VW will die Landesregierung nicht mitmachen. Vom Drehen an der Steuerschraube hält der Südwesten nichts. In Berlin gibt der Bund grünes Licht für die blaue Plakette.

Berlin - Die baden-württembergische Landesregierung hat bei der Umweltministerkonferenz in Berlin dagegen gekämpft, die Marktchancen für Fahrzeuge mit Dieselantrieb durch ein Drehen an der Steuerschraube zu verschlechtern. Dank massiver Unterstützung aus Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt hat sich die Linie durchgesetzt. Der von fünf Ländern eingebrachte Vorschlag, die Steuerprivilegien beim Diesel nach und nach abzubauen, wurde abgelehnt. „Wir brauchen den Diesel, schon um unsere Klimaschutzziele im Sektor Verkehr zu erreichen“, erklärte Uwe Lahl, Ministerialdirektor im baden-württembergischen Verkehrsministerium, gegenüber der StZ. Deshalb müssten im Gegensatz zu dem Steuervorstoß die Dieseltechnologie gestärkt und die Kontrollen zur Überwachung der Abgaswerte verbessert werden. Lahl vertrat die Landesregierung beim Sondertreffen der Umweltminister zur Abgasaffäre in Berlin, da sowohl Umweltminister Franz Untersteller als auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wegen der Koalitionsverhandlungen in Stuttgart unabkömmlich waren.

Die Vertreter der Bundesländer einigten sich allerdings darauf, vom Bund eine weitere Umweltplakette zum Schutz vor überhöhten Stickoxid-Belastungen einzuführen. Der Bremer Umweltsenator erläuterte in einer Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen, dass die Länder damit ein Instrument erhielten, um ähnlich wie bei überhöhten Feinstaubwerten, Fahrverbote für besonders umweltunfreundliche Fahrzeugtypen auszusprechen. „Wir haben die dringende Bitte an den Bund, schnell die rechtliche Grundlage dafür zu schaffen“, setzte er hinzu.

Für das Bundesumweltministerium kündigte Staatssekretär Jochen Flasbarth an, die bereits geleisteten Vorarbeiten an einer neuen Emissionsschutzverordnung nun zügig zu Ende zu bringen. Sie werde ermöglichen, Fahrverbote für alle Autos unterhalb der Euro-6-Norm „alsbald einzuführen“. Flasbarth betonte, dass die neuen Sperrzonen im Fall von Stickoxidalarm nicht deckungsgleich mit den bisherigen Umweltzonen seien, da die Stickoxid-Belastungen räumlich sehr häufig recht eng begrenzt seien. „Die Kommunen werden nicht dazu verpflichtet, blaue Umweltzonen einzuführen. Sie können aber zu diesem Mittel greifen, wenn sie es für angebracht halten“, erläuterte Flasbarth. Er stellte in Aussicht, dass das Umweltministerium in Berlin den Entwurf der neuen Emissionsschutzverordnung schon bald in die Ressortabstimmung geben werde. Die Gesetzgebung soll wohl noch in diesem Jahr erfolgen.

„Wir dürfen das Alleinstellungsmerkmal nicht verspielen“

Den Vorschlag von Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, Hessen und Niedersachsen, Dieselkraftstoff durch ein allmähliches Abschmelzen der bislang geltenden Steuervorteile zu verteuern, setzte sich nicht durch, da die Umweltministerkonferenz Beschlüsse nur einstimmig fassen kann. „Baden-Württemberg ist beim Diesel-Bashing nicht dabei. Wir haben in Deutschland mit der Dieseltechnologie ein Alleinstellungsmerkmal, das wir nicht verspielen sollten“, hatte die Stuttgarter Regierung bereits im Vorfeld der Konferenz deutlich gemacht. Stattdessen gelte es in der Konsequenz aus dem Abgasskandal bei Volkswagen Anreize zu setzen, um den Diesel sauberer zu bekommen und die Kontrollen zu verbessern. Dafür setze die Landesregierung sich ein, betonte Ministerialdirektor Lahl. Er verwies auf die Neuregelung der EU bei den Abgasmessungen. Wenn die Stufe II der Real-Drive-Emissionstests von 2019 an gelte, werde das die Marktchancen für Dieselkleinfahrzeuge erheblich verschlechtern. Deshalb warne die Landesregierung vor weiteren Belastungen. Sie setze dagegen auf die technische Leistungsfähigkeit der heimischen Autofirmen. Die Autobauer im Land setzten alles daran, den Diesel sauberer zu machen, erklärte Lahl unter Berufung auf Gespräche mit der Branche.

„Verkehrsminister Dobrindt muss in die Pötte kommen“

An Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) übten die Länder in Berlin unverhohlene Kritik. „Wir verfügen nur über recht überschaubare Erkenntnisse“, sagte Umweltminister Reinhold Jost (Saarland) im Blick auf die Informationspolitik des Verkehrsministeriums. Der Bund müsse endlich die vom Kraftfahrt-Bundesamt erhobenen Daten vorlegen. „Das Verkehrsministerium muss jetzt mal schnell in die Pötte kommen, damit wir die richtigen Schlüsse ziehen können“, setzte er hinzu.