Im Frühjahr wurde das Info-Schild zu S 28 aufgestellt. Foto: Kathrin Thimme

Das Eltern-Kind-Zentrum im Stuttgarter Westen hat im Bezirksbeirat präsentiert, was in Sachen Sanierungsgebiet Stuttgart 28 geschehen ist. Bei der Umgestaltung wird auf eine starke Beteiligung der Bürger gesetzt.

S-West - Stuttgart 28 bedeutet, dass die Gegend um den Bismarckplatz schöner werden soll. Die Leute, die dort leben, dürfen bei der Gestaltung mitreden. Klingt simpel. Doch welche komplexen Prozesse im Hintergrund ablaufen, wie etwa Menschen überhaupt von ihrem Mitspracherecht erfahren, wie sie motiviert werden, sich mit Ideen zu einzelnen Gebieten einzubringen oder wie unterschiedlichste Interessen unter einen Hut zu bringen sind, davon wusste Elke Arenskrieger jüngst im Bezirksbeirat West zu berichten. Die Geschäftsführerin des Eltern-Kind-Zentrums (Ekiz), wo die Koordination der Bürgerbeteiligung bei Stuttgart 28 angesiedelt ist, fasste zusammen, was bisher geschah.

Im Vorhinein war viel zu tun

So wurde zunächst das Forum Lebendiger Westen mit seinem Steuerungskreis gegründet, das die Bürgerbeteiligung organisiert. Ferner wurde das Ekiz als Geschäftsstelle für die Bürgerbeteiligung bestimmt, weil in dem Generationenhaus ohnehin viele Fäden zusammenlaufen und enger Kontakt zur Stadtverwaltung gepflegt wird. Die niedrigschwellige Anlaufstelle versprach zudem, dass über sie viele Westbewohner erreicht werden können.

Die Stadt entschied sich bewusst für das im Quartier gut vernetzte Ekiz und gegen eine professionelle Moderation der Bürgerbeteiligung: „Das ist ein Partner, der zwar erst in diese Aufgabe hineinwachsen muss. Aber dafür bringt er Potenzial mit“, erklärte Martin Holch vom Stadtplanungsamt, der den Prozess begleitet. Damit nicht alle mitreden und durcheinander, wurde das Projekt Stuttgart 28 in die Bereiche Bismarckplatz, Park am Gesundheitsamt und Elisabethenanlage portioniert. Dabei sind die Gestaltungsspielräume in den drei Gebieten unterschiedlich groß: Während es beim Park zahlreiche Vorgaben und Einschränkungen gibt, kann etwa der Bismarckplatz im Grunde ganz neu gedacht werden.

Nachdem im April am Bismarckplatz ein riesiges Schild aufgepflanzt worden war, das über das Sanierungsgebiet informiert, sind offenbar viele Leute neugierig geworden: „Zu unserer Auftaktveranstaltung zur Bürgerbeteiligung im Mai kamen mehr als 150 Interessierte ins Bürgerzentrum“, berichtete Arenskrieger. Es folgten ein Spaziergang durchs Sanierungsgebiet, eine Veranstaltung zum Park am Gesundheitsamt und eine Laternen-Aktion am Bismarckplatz. Außerdem habe man sich um die „stillen Gruppen“ bemüht, die zwar die grünen Flächen nutzen, sich aber nicht angesprochen fühlen, wenn nach Bürgern gesucht wird, die diese Flächen mitgestalten sollen.

So zog im Sommer ein Café-Mobil durch die Elisabethenanlage und die Leute vom Forum Lebendiger Westen sprachen auch die Drogen- und Substitutionsszene am Bismarckplatz an, die sich selber „Mauergruppe“ nennt an. „Einige haben gleich angeboten, sie würden auch mal fegen, um den Platz zu verschönern“, erzählt Arenskrieger. Im Bezirksbeirat stieß die Arbeit des Ekiz auf breite Zustimmung und Lob. Allerdings wurde auch moniert, dass die Bürgerbeteiligung zu langsam vorankomme. Bezirksbeirätin Maria Flendt von den Grünen mutmaßte, dass alles „so lange“ dauere wegen der „heterogenen Zusammensetzung“. Sie fand auch, dass es einen „Aktionstopf“ für kleinere Ausgaben geben müsse und forderte das Ekiz auf, häufiger im Bezirksbeirat über den Fortgang zu berichten. Auch Roland Stricker von der CDU meinte, „es könnte schneller gehen“.

Martin Holch erachtet einen „Aktionstopf“ für kleinere Ausgaben ebenfalls für notwendig. Man versuche derzeit, ein Verfügungsbudget vom Land zu ergattern. Auch häufigere Zwischenberichte im Bezirksbeirat begrüße er, weil dies letztlich den Rückhalt der der engagierten S-28-Bürger in dem politischen Gremium stärke.

Bürgerbeteiligung mit organischem Charakter

Allerdings mahnte er die Bezirksbeiräte zur Geduld mit den Bürgern. Man habe in Stuttgart seit den 1990er Jahren Erfahrung mit Bürgerbeteiligungen. „Doch das Milieu im Westen ist ein besonderes.“ Die Menschen, seien nicht einfach froh, dass sie überhaupt nach ihren Wünschen gefragt werden. „Hier wollen die Leute nicht bloß mitbestimmen, was gemacht wird, sondern auch wie.“ Als Beispiel nannte Holch Info-Flyers. Das übliche Layout sei abgelehnt worden, man wollte eigene Faltblätter entwerfen. „Das dauert dann halt auch einen Monat länger.“ Der Prozess lasse sich nicht beschleunigen, indem man ein Standardverfahren anwende, so Holch: „Man kann Bürgerbeteiligung nicht am Reißbrett entwerfen. Sie entwickelt sich organisch. Aber langsam gewachsenes Holz ist härter.“