In der Ostukraine soll eigentlich mit dem Abzug von schweren Waffen begonnen werden. Foto: Getty Images Europe

Die Konfliktparteien in der Ostukraine zögern mit der Umsetzung des Friedensplans von Minsk. Das Misstrauen ist groß. Die Bundesregierung fordert Militär und Separatisten auf, das Abkommen umzusetzen.

Kiew/Berlin - Der vereinbarte Abzug schwerer Waffen von der Front im Kriegsgebiet Ostukraine kommt nicht voran. Die ukrainischen Regierungseinheiten schlossen vorerst einen Positionswechsel aus. Sie warfen den Aufständischen vor, die Feuerpause zu missachten, wie am Montag Armeesprecher Anatoli Stelmach sagte. Es seien erneut zwei Soldaten getötet und zehn verletzt worden, hieß es in Kiew.

Die prorussischen Separatisten wiesen die Vorwürfe zurück. Die „Volkswehr“ reagiere nur auf Beschuss und „Provokationen“ durch das Militär, sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin in Donezk. Für die Verzögerung des Waffenrückzugs der Aufständischen machte er „logistische Gründe“ verantwortlich. „Bisher rechnen wir damit, am 24. Februar mit dem Abzug zu beginnen“, sagte Bassurin.

Die Bundesregierung hält die Umsetzung des am 12. Februar in Minsk vereinbarten Friedensplans für unzureichend.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin: „Es erfüllt uns mit Sorge, dass es noch keine umfassende Waffenruhe gibt.“ Es seien zwar auch positive Entwicklungen zu beobachten. Eine Feuerpause sei aber Voraussetzung für den vereinbarten Abzug schweren Geräts und die Überwachung durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Am Wochenende hatten beide Seiten eine weitere Vereinbarung unterzeichnet und Gefangene ausgetauscht. Separatistensprecher Bassurin schloss einen baldigen erneuten Austausch nicht aus. „Wir haben noch mehr als 100 Gefangene“, sagte er.

Die Aufständischen kritisierten, die ukrainische Regierung beende nicht ihre Wirtschaftsblockade der Region Donbass. Es gebe inzwischen große Probleme, die Menschen im Kriegsgebiet zu ernähren, sagte der Minsker Verhandlungsteilnehmer Denis Puschilin.

Nach einem Bombenanschlag in Charkow erlag am Montag in einem Krankenhaus ein 15-Jähriger seinen schweren Verletzungen. Die Zahl der Toten erhöhte sich damit auf drei. Spezialkräfte suchten in der zweitgrößten Stadt der Ukraine weiter nach den Hintermännern der Tat. Vier festgenommene Mitglieder der prorussischen Vereinigung „Charkower Partisanen“ hätten nach ersten Erkenntnissen nichts mit dem Verbrechen zu tun, teilte der Geheimdienst mit.

Allerdings sei einer der Männer in der russischen Stadt Belgorod mit Plänen, Geld und einem Raketenwerfer für Angriffe auf Treffpunkte von regierungstreuen Kräften ausgestattet worden, hieß es. In einer Mitteilung wies die Gruppe „Charkower Partisanen“ die Vorwürfe zurück. Während einer Demonstration von etwa 300 proukrainischen Aktivisten waren am Sonntag bei der Explosion eines ferngezündeten Sprengsatzes weitere elf Menschen verletzt worden.

Am Dienstag kommen die Außenminister der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreichs in Paris zu einem weiteren Treffen über die Lage in der Ostukraine zusammen. Dabei dürfte auch der Fall der in Russland inhaftierten ukrainischen Kampfpilotin Nadeschda Sawtschenko zur Sprache kommen. Die Bundesregierung setzt sich für die Freilassung der 33-Jährigen ein.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts äußerte sich besorgt wegen des Gesundheitszustands Sawtschenkos, die seit mehr als zwei Monaten mit einem Hungerstreik gegen ihre Untersuchungshaft protestiert. Die Frau war im Juni von Separatisten gefangen genommen und nach Russland gebracht worden. Die russische Justiz wirft ihr vor, in die Tötung zweier russischer Journalisten im Konfliktgebiet verwickelt zu sein.