Wie geht es weiter mit der Mercedes-Benz Art Collection? Anne Vieth antwortet am 12. März Foto: © Mercedes-Benz Group AG/Deniz Calagan

Herausragende Persönlichkeiten der Kunstszene präsentiert die Dialogreihe „Über Kunst“ unserer Zeitung in der Staatsgalerie Stuttgart. Gast am Dienstag, 12. März (19.30 Uhr), ist Anne Vieth, neue Leiterin der Mercedes-Benz Art Collection.

Herausragende Persönlichkeiten der Kunstszene präsentiert die Dialogreihe „Über Kunst“ unserer Zeitung in der Staatsgalerie Stuttgart. Gast am Dienstag, 12. März (Beginn: 19.30 Uhr), ist Anne Vieth, neue Leiterin der Mercedes-Benz Art Collection. Sie können dabei sein. Wie also geht es weiter mit der Mercedes-Benz Art Collection? Aktuell, sagt Anne Vieth, sei ihr Team „in der Konzeptionsphase“. Klar aber macht sie bereits: „Der Kooperations- und Vernetzungsgedanke ist ein Grundprinzip meines Verständnisses von kuratorischer Arbeit“.

Frau Vieth, Sie lenken eine der international bedeutsamsten Unternehmenssammlungen. Was genau macht die Sammlung aus Ihrer Sicht wichtig?

Die Mercedes-Benz Art Collection ist kunsthistorisch fundiert: Sie umfasst Werke von der klassischen Moderne bis in die Gegenwart. In ihrem Gesamtbild wird deutlich, dass sie weder auf dekorativen noch spekulativen, also auf Preissteigerung abzielenden Prinzipien beruht. Vielmehr lässt sie sich als „museal“ beschreiben. Das zeigt sich auch daran, dass wir zahlreiche Leihanfragen von internationalen Museen erhalten.

Auffällig ist ja tatsächlich von Beginn an das Gewicht von vordergründig eher „schwieriger Kunst“. Wie muss Kunst sein, damit sie für die Sammlung interessant ist?

Für die Art Collection interessante Kunst muss zunächst sinnvoll an bestehende Sammlungsschwerpunkte anknüpfen. Das ist neben der Qualität der Werke oberste Priorität, da es um die Weiterentwicklung der Sammlung mit Blick auf vergangene, gegenwärtige und zukünftige gesellschaftliche Diskurse geht. Mit unseren Schwerpunkten abstrakt-geometrischer, konzeptueller, kritisch engagierter Kunst und auch automobilbezogenen Werken können wir auf ein vielseitiges und spannendes Spektrum zugreifen. Auch die Internationalität unserer Sammlung ist beachtlich, diese möchten wir um weitere Bereiche erweitern.

Für die Sichtbarkeit ist immer auch ein zentraler Standort wichtig. Der Standort Berlin im Weinhaus Huth am Potsdamer Platz ist für die ständige Präsentation nicht mehr verfügbar. Gibt es neue Ideen für eine Präsenz in der Hauptstadt?

Es gibt eine Reihe von Unternehmensstandorten, national wie international, die mit Blick auf die Kunst- und Kulturszene interessant sind. Hier möchte ich ansetzen – Ausstellungsprojekte und Kooperationen entwickeln und so mit der Sammlung konzernintern wie öffentlich weiterhin wirksam sein.

Auch im Mercedes-Museum sind von März an Teile der Mercedes-Benz Art Collection zu sehen Foto: MB Group AG/Mercedes-Benz Group AG

Und wo?

Das Team der Art Collection arbeitet an einem dynamischen Konzept für neue Ausstellungsprojekte unterschiedlicher Inhalte. Im Anschluss an diese Konzeptionsphase gehen wir auf die Kolleginnen und Kollegen und lokalen Kulturszenen zu. Berlin wird einer von mehreren Orten sein. In Stuttgart ist die Sammlung ab März dauerhaft im Mercedes-Benz Museum zu sehen. Unter dem Titel „Now on View“ zeigen wir in wechselnden Ausstellungen Highlights und jüngere Erwerbungen.

Welche Rolle spielt die Sammlung denn grundsätzlich für das Unternehmen?

Die Mercedes-Benz Art Collection ist Teil der DNA des Unternehmens. Seit 1977 ist sie auch Ausdruck des breit angelegten gesellschaftlichen Engagements von Mercedes-Benz. Wir ergänzen damit Corporate Citizenship Aktivitäten wie beispielsweise die Spende für beVisioneers – einem globalen Förderprogramm für junge Umweltinnovatorinnen – und innvatoren – und das Engagement des Unternehmens für Stuttgart in den Bereichen Soziales, Umwelt und Kultur.

Noch einmal zurück zur Sammlung selbst. Es gibt herausragende Werke, die nicht gezeigt werden können. Etwa die Fünf Kontinente Skulptur von Walter De Maria. Wird es für solche kapitalen Werke künftig mehr Allianzen mit Museen geben?

Genauso ist es. Auf der Suche nach neuen Standorten für solche Werke sind wir bereits in Kontakt mit Standortleitungen und Museumskolleginnen und -kollegen. Der Kooperations- und Vernetzungsgedanke ist ein Grundprinzip meines Verständnisses von kuratorischer Arbeit – das wird sich auch bei Mercedes-Benz nicht ändern.

Zu einer Sammlung gehört die Weiterentwicklung. Haben Sie bereits etwas für die Sammlung angekauft? Und wenn ja – was?

Zum Beispiel Emilio Chapela, ein junger mexikanischer Künstler, in dessen Gemälden mit dem Titel „Angst“ die Linie dominiert. Er baut also auf die abstrakt-geometrische Tradition auf, reichert diese jedoch um physische Aspekte an, indem er die Linien frei Hand und im Rhythmus seiner Ausatmung zeichnet. Von der britischen Künstlerin Alice Channer haben wir eine Installation angekauft, die den Bezug zum Automobil auf subtile Weise herstellt. Und auch über den Erwerb zweier Gemälde von Carlo Krone, der einigen Stuttgarterinnen und Stuttgartern ein Begriff sein wird, freue ich mich sehr.

So können Sie dabei sein

Der Termin
 Der Abend mit Anne Vieth in der Gesprächsreihe „Über Kunst“ unserer Zeitung findet statt am Dienstag, 12. März, in der Staatsgalerie Stuttgart (Vortragssaal im Stirlingbau). Beginn ist um 19.30 Uhr (Einlass: 19 Uhr).

Die Anmeldung
 Der Eintritt zum „Über Kunst“-Abend mit Anne Vieth ist frei. Eine Anmeldung ist erforderlich unter: www.zeitung-erleben.de/ueberkunst.

Ausbildung
 Anne Vieth studierte in Hamburg Kunstgeschichte, Germanistik und spanische Literaturwissenschaften. Auf die Magisterarbeit über die US-amerikanische Künstlerin Agnes Martin folgte die Promotion „Addicted to walls. Zeitgenössische Wandarbeiten im Ausstellungsraum“. Ihr Volontariat absolvierte sie an der Kunsthalle Mannheim.

Stationen
 Ab 2014 an den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden im Bereich Forschung und wissenschaftliche Kooperation tätig, war Anne Vieth von 2017 an Kuratorin im Kunstmuseum Stuttgart. Sie konzipierte zuletzt die aktuelle Sonderschau „Sieh Dir die Menschen an! Das neusachliche Typenporträt in der Weimarer Zeit“.

Die Aufgabe
Seit Juli 2023 ist Anne Vieth Leiterin der Mercedes-Benz Art Collection. 1977 gegründet und aufgebaut durch Hans J. Baumgart, und von Renate Wiehager weiter entwickelt, zählt die Mercedes-Benz Art Collection zu den wichtigsten Unternehmens-Sammlungen in Europa.