Osmanen-Rocker bei einer Veranstaltung der Union der Europäisch-Türkischen Demokraten (UETD) in Stuttgart im Mai 2016 mit der damaligen Böblinger Integrationsbeauftragten Özlem Demirel (Mitte). Foto: Facebook

Anfang April berichteten die Stuttgarter Nachrichten über ein Netzwerk des türkischen Staatschefs Erdogan im Südwesten. Die Bundesregierung bestätigt jetzt die Recherchen und beklagt, dass sich schwer kriminelle Mitglieder der Rocker in der Türkei aufhalten.

Stuttgart - In Deutschland gesuchte, schwer kriminelle Rocker haben sich nach Erkenntnissen der deutschen Sicherheitsbehörden auch in die Türkei abgesetzt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion „Die Linke“ hervor. Deren Abgeordnete Sevim Dagdelen hatte dem Kabinett Fragen zum türkischen Präsidenten Reccep Tayyip Erdogan sowie den Rockerclubs „Osmanen Germania“ sowie „Turkos MC“ gestellt.

„Unter den Augen der deutschen Geheimdienste existiert für gesuchte kriminelle Rocker offenbar eine ,Rattenlinie’ in die Türkei und findet eine Bewaffnung von Erdogans Schlägertruppe für die Verlängerung seiner Partei AKP in Deutschland, die UETD, statt“, bewertet Dagdelen die Antwort der Bundesregierung.

Anfang April hatte unsere Zeitung über ein Netzwerk berichtet, das der türkische Nachrichtendienst MIT, die Union der Europäisch-Türkischen Demokraten (UETD), Islamisten, die rechtsextremistischen Grauen Wölfe sowie die „Osmanen Germania“-Rocker im Südwesten Deutschlands aufgebaut haben. Dabei geht es auch um illegale Waffenlieferungen aus der Schweiz nach Deutschland. Empfänger der Maschinenpistolen des tschechischen Typs „Skorpion“ waren nach den Recherchen unserer Zeitung außer den Osmanen Germania auch die Rockergruppe „Hells Angels“. Nach Recherchen unserer Zeitung leitet der aus Deutschland abgeschobene, frühere Kölner Zuhälter Necati Coskun Arabaci die Filiale der Höllenengel im türkischen Izmir. Er gilt als Schnittstelle zu den Osmanen Germania.

Öffentlich will sich die Bundesregierung nicht zu der Frage der Abgeordneten äußern, ob Arabaci „die Osmanen Germania maßgeblich aus Izmir“ führt. Diesen Teil der Antwort stufte das Bundesinnenministerium als Verschlusssache ein. Wie auch den, in dem die Parlamentarierin nach den „personellen und/oder organisatorischen Verbindungen“ der „Osmanen Germania“ zur UETD, der türkischen Religionsanstalt Ditib und der deutsch-türkischen Partei „Allianz Demokratischer Deutscher“ fragt.

Die UETD ist eine Lobbyorganisation der türkischen Regierungspartei AKP in Westeuropa. Unsere Zeitung hatte berichtet, dass gerade der Mannheimer UETD-Vorsitzende Yilmaz Ilkay Arin sowie sein Familienclan engste Verbindungen zum türkischen Präsidenten Erdogan sowie den Osmanen Germania unterhalten. Arin organisierte ein Treffen zwischen einem der engsten Erdogan-Berater, Hakki Ilnur Cevik, und dem Deutschland-Chef der Germanen Osmania, Mehmet Bagci. Dabei versprach der Rocker-Führer, gegen die „Feinde der Türkei und Terroristen zu kämpfen – egal, wo sie sich befinden“. Zunehmend treten die Rocker als Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen der UETD auf. So beispielsweise im Mai 2016 in Stuttgart. Dagdelen sagt: „Die Recherchen Ihrer Zeitung hat die Bundesregierung bestätigt.“ Der Geheimdienst-Experte Erich Schmidt-Eenboom warnt, die Rocker „Osmanen werden mit der geplanten Ausrüstung mit Kriegswaffen zu einer Art Sturmabteilung der UETD“ in Deutschland.

Offenbar keine unbegründete Sorge: „Neben Ditib und UETD fungieren auch die Osmanen Germania als fünfte Kolonne des autokratischen Erdogan-Regimes in Deutschland“, sagt Sevim Dagdelen. Hier gelte es den Anfängen zu wehren und die Öffentlichkeit zu informieren. „Skandalös ist, dass die Bundesregierung Erdogan weiterhin gewähren lässt, zumal Erdogan bereits öffentlich mit Terror in Europa gedroht hat.“