Etwa 500 Kurden demonstrieren auf dem Schlossplatz Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Mit Tränen in den Augen und in fassungslosem Schweigen haben in Stuttgart Anhänger der pro-kurdischen Oppositionspartei Demokratische Partei der Völker (HDP) den Ausgang der Neuwahlen zum Türkischen Parlament in Ankara zur Kenntnis genommen.

Stuttgart - 450 bis 500 Kurden, so die Schätzung der Polizei, hatten sich am Sonntagnachmittag am Schlossplatz versammelt. Sie gedachten dabei den kurischen Kämpfern, die in der überwiegend kurdisch besiedelten syrischen Stadt Kobane an der syrisch-türkischen Grenze der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Stirn bieten.

Redner geißeln türkische Regierung als „Faschisten“

Dabei verurteilten Redner die Angriffe der türkischen Armee auf Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistan in der Türkei und geißelten die AKP-Regierung und den nach den jüngsten Angriffen auf die Pressefreiheit immer autokratischer regierenden Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan als „Faschisten“.

Angesichts der guten Wahlprognosen für die türkischen Oppositionsparteien war die Stimmung unter den versammelten optimistisch. Doch die bis 19.30 Uhr angesetzte Demonstration endete abrupt, als erste Wahlergebnisse aus der Türkei verkündet wurden, die von der absoluten Mehrheit für die regierende AKP sprachen.

Enttäuschte Oppositionelle sprechen von Wahlmanipulation

„Ich bin vom Ergebnis nicht enttäuscht, denn ich habe es vorausgesehen. Die Wahlurnen wurden in Panzerwagen oder im Hubschrauber nach Ankara gebracht. Niemand durfte mitkommen. Dabei wurde das Wahlergebnis gefälscht“, sagte ein 59-jähriger Arbeiter aus Stuttgart. „Die Wahl ist manipuliert worden. Schon im Wahlkampf hat es so viel Druck von AKP-Anhängern und türkischen Nationalisten gegen Kurden gegeben“, sagte die Dilan Mercan. Ihre Freundin ergänzte: „Wenn herauskommt, dass Erdogan die Wahlen manipuliert hat, und dies wird sicher herauskommen, dann halten die Kämpfer der PKK nicht mehr still.“

Auch für den 28-jährigen Polsterer Ümit Gören aus Stuttgart liegt der Fall klar auf der Hand: „Vor allem im Osten der Türkei, wo Kurden wohnen, wurde die Bevölkerung eingeschüchtert. Dort hat das Militär die Straßen zu den Wahllokalen gesperrt.“ Jetzt, mit einer weiteren absoluten Mehrheit im Rücken, würde die Regierung noch massiver gegen Kritiker vorgehen als zuvor.