Verschwunden: Kenny Williams (re.), Center des Basketball-Bundesligisten Tübingen Tigers Foto: Pressefoto Baumann

Nachdem Kenny Williams verschwunden ist, prüfen die Tübingen Tigers rechtliche Schritte.

Tübingen - Einst war er der gefeierte Publikumsliebling beim Basketball-Bundesligisten Walter Tigers Tübingen. Doch Kenny Williams enttäuschte sie alle - Funktionäre, Fans, Mitspieler. Der Center reiste vergangene Woche überstürzt in seine amerikanische Heimat zurück. Ohne Angabe von Gründen.

Auch Tage nach dem Verschwinden des US-Amerikaners Kenny Williams (26) aus der Universitätsstadt herrscht Ratlosigkeit bei den Walter Tigers. Die Verantwortlichen können sich die Flucht des Führungsspielers, der in der neuen Saison das Amt des Vize-Kapitäns übernehmen sollte, nicht erklären.

Die Chronik der Geschehnisse: Am Montag vergangener Woche bereitete der Center mit Trainer Igor Perovic und dem Club-Management noch konstruktiv das schlechte Abschneiden der Tübinger Korbjäger bei einem Vorbereitungsturnier in Ulm auf. Tags darauf trainierte der 2,03 Meter große Center wie üblich mit der Mannschaft, bat jedoch um einen finanziellen Vorschuss in Höhe seines Septembergehaltes, das nach vorsichtigen Schätzungen zwischen 3000 und 5000 Euro liegen dürfte. "Nichts Ungewöhnliches", betont Tigers-Geschäftsführer Robert Wintermantel, der nichts von Williams' bevorstehender Flucht ahnte.

"Es muss sich um ein privates Problem handeln"

"Am Mittwochmorgen tauchte er plötzlich nicht zum Training auf. Wir waren sehr besorgt", erinnert sich Wintermantel. Noch im Januar hatten Ärzte bei dem US-Boy eine lebensbedrohliche Lungenembolie diagnostiziert. "Wir eilten zu seiner Wohnung, fanden diese jedoch verlassen vor", erzählt Wintermantel. Intensive Recherchen brachten nur wenige Erkenntnisse. "Von seiner Mutter erfuhren wir, dass Kenny auf dem Weg nach Miami ist", sagt der ehemalige Tigers-Profi, "ob es stimmt, wissen wir nicht." Auch nach Tagen haben die Verantwortlichen des Basketball-Bundesligisten den Profi nicht erreicht. Williams ist abgetaucht. Selbst seine Facebook-Seite löschte der langjährige Tübinger Basketballer.

Die Enttäuschung bei seinem alten Arbeitgeber ist groß. Der Vertrag mit Williams wurde aufgelöst, im Kanadier Velimir Radinovic (30/zuletzt Mitteldeutscher BC) inzwischen passender Ersatz gefunden. "Kenny war mehr als drei Jahre bei uns. Er war das Kämpferherz in unserem Spiel und der absolute Publikumsliebling", betont Wintermantel. Selbst nach der schlimmen Diagnose Anfang des Jahres habe der Club stets zu seinem Center gehalten. "Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Spieler nach einer Lungenembolie frühzeitig einen neuen Profivertrag erhält", verweist der Geschäftsführer auf das Risiko, das der Verein durch sein Bekenntnis einging.

Sportlich fand Williams schnell zu seiner Leistung zurück, war als festes Element im Tübinger Mannschaftsgefüge vorgesehen. "Es muss sich um ein privates Problem handeln", vermutet Wintermantel. Dem Verein entstanden durch die Flucht von Williams nicht eingeplante Kosten: "Für unseren neuen Spieler Radinovic müssen wir 3000 Euro zusätzlich in den Ausbildungsfonds der Basketball-Bundesliga einzahlen. Ein ganzer Rattenschwanz an weiteren Kosten hängt noch dran", klagt der Manager. Nicht zuletzt das Septembergehalt Williams', das der US-Amerikaner mit in seine Heimat nahm. "Wir prüfen, ob es sich lohnt, rechtliche Schritte wegen Unterschlagung oder Betrugs einzuleiten", betont Tigers-Funktionär Wintermantel. Trotz der Probleme, die der Profi-Basketballer seinem Ex-Arbeitgeber bereitet, sorgt sich dieser weiter um den Menschen Williams. "Ob er nach dieser Aktion noch einen Verein findet?", fragt Wintermantel kritisch.