Severin Gmünder (Marc) und Susan ­Ihlenfeld (Florence) Foto: Michael Schill

Menschen wohnen zwischen den Beinen anderer Menschen. Diese Absurdität ereignet sich in „Ein Winter unterm Tisch“, einer Komödie des 1997 verstorbenen Autors Roland Topor. Alejandro Quintana inszeniert die ­Geschichte um die Willkommenskultur im Theater tri-bühne.

Weiße Wände, weißer Stuhl, weißer Papierkorb. Weiß auch der Tisch. Darunter werkelt der Schuster Dragomir (Manoel Vinicius Tavares da Silva). Florence Michalon (Susan Ihlenfeld) bittet ihn, doch etwas leiser zu arbeiten – die Nachbarn. Jüngst hat die klamme Übersetzerin den ungenutzten Raum unter den Kanten ihrer Arbeitsfläche an den Immigranten vermietet. Ihre ansehnlichen Beine lassen ihn den mangelnden Komfort samt Nackenschmerzen ignorieren.

Diese Absurdität ereignet sich in „Ein Winter unterm Tisch“, einer Komödie des 1997 verstorbenen Autors Roland Topor. Alejandro Quintana inszeniert die Geschichte um die Willkommenskultur im Theater tri-bühne. Ihm gelingt eine dieser leider seltenen Regiearbeiten, die stark anfangen und nicht nachlassen. Das puristische Bühnenbild ergänzen chic anzusehende, vom Beamer geworfene Videosequenzen rieselnder Schneeflocken.

Das Ensemble unterhält dank grandiosem Timing bei fast sämtlichen Pointen. Ihlenfeld überzeugt facettenreich: Sie singt und tanzt, grübelt und lacht, giert nach Trüffelschokolade und gibt sich fasziniert von den Klängen des coolen Straßengeigers Gritzka (Sebastian Huber), der kurzerhand zu seinem Kumpel unter den Tisch zog. Manoel Vinicius Tavares da Silvas lebensfroher Dragomir lechzt nach mehr als den Beinen seiner Vermieterin und macht sich dabei wortwörtlich zum Affen: Stier-, Hund- und Primatenimitationen gehören zu akzeptablen Albernheiten. Höchst amüsant nutzt Ihlenfeld auch ihre Mimik, unterdrückt etwa den Brechreiz, wenn ihr ihr schnöseliger Chef Marc Thyl (Severin Gmünder) Avancen macht.

Neben den drei Verehrern agiert Natascha Kuch als Florence’ versnobte Freundin Raymonde, die mit Vorurteilsphrasen an die unterm Scherz versteckte Botschaft erinnert: Fremd impliziert nicht kriminell oder skrupellos. Diese passt perfekt in Zeiten nie verebbender Flüchtlingswellen und wird in Momenten der Stille akzentuiert, ohne die Komik zu gefährden.