Am Montag kam es bei einer Zwansräumung in Tübingen zu einer Tragödie. Foto: dpa

Ein Haus in Tübingen brennt aus - möglicherweise hat es der Bewohner vor einer Zwangsräumung in Brand gesteckt. Das müssen Ermittler aber noch herausfinden. Doch sie dürfen nicht ins Gebäude.

Tübingen - Nach einer Zwangsräumung in Tübingen, bei der der Bewohner starb und das Haus ausbrannte, ist das Gebäude für die Ermittler gesperrt worden. „Derzeit dürfen sie nicht rein“, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. „Es ist fraglich, ob sie das Haus überhaupt einmal betreten können.“ Am Montag wurde das landeseigene Gebäude nach Angaben der Universität Tübingen, die das Haus nutzte, von einem Statiker begutachtet. Es müsse wahrscheinlich abgerissen werden. Der Schaden ließ sich noch nicht beziffern.

Illegaler Waffenbesitz

Hintergrund ist eine Zwangsräumung, die am Montag an der Adresse stattfinden sollte. Ein 69-jähriger Mann, der seit mindestens sechs Jahren unrechtmäßig in dem Bürogebäude lebte, war beim Eintreffen des Gerichtsvollziehers und eines Ordnungsamtsmitarbeiters ausgerastet. Er schoss mit einer Waffe, die er illegal besaß, auf die Männer, verletzte aber niemanden. Weil das Haus da bereits brannte, versuchte er, über den Balkon zu klettern und sich in Sicherheit zu bringen. Dabei stürzte er ab und starb noch am Unglücksort. Ob der Bewohner den Brand selbst gelegt hat, ist noch immer ungeklärt. Das Haus brannte vollständig aus. Noch am Dienstagmorgen habe die Feuerwehr erneut einzelne Glutnester löschen müssen, teilte die Polizei mit.

Das Innenleben des Hauses bestand nach Polizeiangaben größtenteils aus Holz, so dass nach dem Feuer nur noch die Hülle übrig geblieben sei. Zunächst muss der Dachgiebel schnellstmöglich abgetragen werden, weil er herunterzubrechen droht, wie die Universität mitteilte.

Mann war polizeilich unbescholten

Sie nutzte das Gebäude für Projekträume des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft. Dort war die Arbeitsstelle für Sprache in Südwestdeutschland untergebracht mit dem Arno-Ruoff-Archiv für gesprochene Sprache und Dialekt. Die Tonbänder des Archivs seien digitalisiert, teilte die Universität mit. „Ob und in welcher Weise noch Archivreste gesichert werden können, werden wir erst in den nächsten Tagen klären können“, sagte die Sprecherin. Um den Mitarbeitern schnellstmöglich wieder Arbeitsräume bieten zu können, sucht die Universität derzeit nach einer Zwischenlösung.

Die Polizei betonte, der 69-jährige Mann sei polizeilich unbescholten gewesen. Die Zwangsräumung hatte sich lange angekündigt. Seit 2012 gab es der Stadtverwaltung zufolge mehrere Räumungsklagen. Dem Bewohner sei eine Wohnung angeboten worden, die er jedoch ausschlug.