Experten untersuchen die Unfallstelle am Gleisüberweg bei der Liederhalle. Foto: 7aktuell.de/Oswald

Ist der Schienenverkehr für Passanten zu gefährlich? Oder sind Fußgänger zu leichtsinnig? Diesmal war es ein Gleisüberweg der Stadtbahn, an dem am Montag ein Mensch ums Leben kam. Der zweite Bahnunfall innerhalb weniger Tage in Stuttgart.

Stuttgart - Als der 41-jährige Passant losläuft, hat er keine Chance mehr. Eine tonnenschwere Stadtbahn der Linie U 14 Richtung Heslach nähert sich am Montag gegen 13.30 Uhr der Haltestelle Berliner Platz bei der Liederhalle – und damit auch dem z-förmigen Gleisüberweg direkt davor, den der Fußgänger offenbar kurz entschlossen betritt. Der 41-Jährige hat weder das warnende Gelblicht der Fußgängerampel noch den gelben Zug von links bemerkt – und wird voll erfasst.

Schon wieder ein tödlicher Bahnunfall. Erst vier Tage zuvor war ein Mann in Feuerbach von einer S-Bahn mitgeschleift worden. Der Betroffene soll dort am Bahnsteig noch eine S-Bahn zu erreichen versucht haben und dabei von schließenden Türen am Arm eingeklemmt worden sein. Hat die Technik versagt? Oder spielten eher menschliche Faktoren eine Rolle?

Bei dem Fall am Montag soll der 41-Jährige zunächst am Gleisübergang gestanden haben. Geländer, Warnschilder und gelbe Springlichter sollen den Fußgänger vor herannahenden gelben Zügen der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) warnen. Warum lief der Mann trotzdem los? „Die Ermittler suchen dringend Zeugen“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer. Hinweise werden über Telefon 07 11 / 89 90 - 41 00 erbeten.

Opfer aus dem Wohnsitzlosen-Umfeld

Während der Rettungsmaßnahmen kam es in der Innenstadt zu Verkehrsbehinderungen. Die Polizei sperrte die Schlossstraße in Richtung Stuttgarter Westen zwischen Holzgartenstraße und Berliner Platz. Im Schienennetz der Stuttgarter Straßenbahnen kam es zu Verspätungen. Der Mann, der im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag, war zunächst unbekannt. Später stellte sich heraus, dass es sich um einen Wohnsitzlosen handelt, der in einer Notunterkunft in Stuttgart untergekommen war.

Aus dem Wohnsitzlosen-Umfeld soll auch der 50-Jährige stammen, der am vergangenen Donnerstag in Feuerbach von einer S-Bahn der Linie S 60 mitgeschleift wurde und tödliche Verletzungen erlitt. Dieser Fall wird inzwischen von der Bundespolizei ermittelt, die einige Ungereimtheiten beim vermuteten Unfallhergang aufzuklären versucht.

Laut einer Zeugenaussage war der Betroffene mit einem Arm in der sich schließenden Tür der S-Bahn eingeklemmt worden. Bei dem S-Bahn-Typ ET 423 soll dies normalerweise ein Lichtschrankengitter im Türbereich verhindern. „Die Priorität der Ermittlungen gilt weiterhin der Sicherheit der Türen“, sagt Bundespolizei-Sprecherin Janna Küntzle.

Dabei hofft man aber auch auf die Auswertung der Videoüberwachung im Zug: „Es hat eine Aufzeichnung gegeben, die noch ausgewertet werden muss“, sagt Sprecherin Küntzle. Ragt etwa eine Hand in das Zuginnere? Inzwischen haben sich nun doch weitere Zeugen gemeldet, die am Donnerstag gegen 14.20 Uhr in dem Unglückszug saßen. „Diese Personen haben etwas wahrgenommen“, sagt die Bundespolizei-Sprecherin. Die Zeugen sollen in den nächsten Tagen dazu eingehend befragt werden. Eine Frau aus Korntal, die in der S 60 saß, hatte gegenüber unserer Zeitung erklärt, im hinteren Wagen nichts bemerkt zu haben.