Zwei wie Hund und Katz: Die beiden reaktivierten Kommissare Edwin (Tilo Prückner, links) und Günter (Wolfgang Winkler) streiten gern und lassen sich nichts sagen Foto: ARD-Programmdirektion

Tilo Prückner ist ein echter Charakterkopf. Jetzt spielt der 74-Jährige in der neuen Krimiserie „Rentnercops“ einen Ermittler, der aus dem Ruhestand zurückgeholt wird.

Herr Prückner, in der neuen Serie „Rentnercops“ gehen Sie gemeinsam mit Ihrem Kollegen Wolfgang Winkler auf Gaunerjagd. Sind Sie stolz, dass Sie auf Ihre alten Tage den ARD-Vorabend retten sollen?
Also wenn überhaupt, dann bin ich stolz, dass ich das mit Mitte 70 noch so gut hingekriegt habe. Die Drehbedingungen bei Vorabendserien sind nämlich ziemlich gnadenlos, es war wie im Bergwerk. Ich glaube im Nachhinein auch, dass das der eigentliche Grund des Castings war: Die wollten prüfen, wer von uns alten Knackern überhaupt noch in der Lage ist, so was physisch und nervlich und vom Textlernen her durchzuziehen.
Ach, Sie mussten für die Rolle vorsprechen?
Ja, da war ich ehrlich gesagt schon ein bisschen sauer (lacht). Ich dachte, ich brauche doch kein Casting zu machen, ich habe doch schon alle möglichen Krimis gedreht. Es war bei dem Termin dann aber interessant zu sehen, wer von den Alten da so alles aus den Ecken kroch. Wir haben uns gegenseitig belauert, wie schnell der andere noch vom Stuhl aufstehen kann, und ich habe mir immer gedacht: „Ach, wie schwach, ich stehe schneller auf!“
Die beiden Ermittler, die aus dem Ruhestand zurückgeholt werden, reden dauernd über die guten alten Zeiten, die moderne Technik lehnen sie ab . . .
Da musste ich nicht viel spielen, da war ich richtig besetzt. Genau wie in der Serie kann ich das ganze Computerzeug nicht gut. Ich habe zwar eine E-Mail-Adresse, aber ich benutze sie nicht. Ich will keine Mails, sondern Anrufe, und die Disposition für den nächsten Tag muss man mir in die Hand drücken – auf Papier. Da bin ich altmodisch. Und das mit den vielen Gebrechen, das sehe ich als einen ironischen Kommentar zu meinem eigenen Altwerden.
Also können Sie über Ihr eigenes Alter lachen?
Eben nicht, es ist nämlich gar nicht so lustig. Aber vor der Kamera, über den Umweg des Schauspielens, geht es. Eine Sache ist aber wirklich lustig: In der Rolle sehe ich schlecht, aber höre gut. In der Realität ist es umgekehrt.
Sind Sie lieber mit alten oder mit jungen Leuten zusammen?
Natürlich bin ich lieber mit jungen Leuten zusammen, ist ja klar. Neulich war ich mit einem wesentlich jüngeren Freund in Berlin am Stuttgarter Platz in einem Szenelokal, aber da saßen lauter alte Knacker wie ich. Da kann man nicht reingehen. Die lesen da Zeitung und schauen hinter den Seiten hervor den jungen Frauen nach.
Gibt es auch etwas, das Sie an jungen Leuten stört?
Es gibt Vorzüge und Nachteile. In unserer Serie gibt es ja neben den Rentnercops auch zwei junge Protagonisten, und einer wird von einem Schauspieler vietnamesischer Abstammung gespielt. Ein echt netter Kerl. Aber wenn der eine Stunde lang nicht online ist, kriegt er eine Krise. Die jungen Menschen haben diesen enormen Informationsdruck, das finde ich befremdlich. Wenn irgendeine Frage auftaucht, wird die Antwort gleich gegoogelt und ist dann zwar rasch gefunden, aber auch sofort wieder vergessen.
Haben Sie schon mal was im Internet nachgeschaut?
Ja, aber das ist immer ein langsamer, mühsamer Prozess. Ich bin unbegabt auf dem Computergebiet. Ich tippe gerade an einem Drehbuch und haue da furchtbar auf den Tasten rum, gerade habe ich mal wieder aus Versehen einen ganzen Absatz gelöscht.
Sie stehen seit Jahrzehnten vor der Kamera. Was halten Sie von den technischen Neuerungen beim Drehen?
Es ist faszinierend, was heute möglich ist, aber es ist nicht immer von Vorteil. Zum Beispiel kann man heute viel schneller drehen, das erhöht den Zeitdruck auf uns Schauspieler. Da bin ich sozusagen ein Opfer des Fortschritts. Und es gibt die hochauflösende Technik, die zur Folge hat, dass man jede Falte und jedes störende Haar viel deutlicher sieht als in der Realität. Das ist nicht so angenehm.
Können alte Haudegen wie Sie jungen Schauspielern etwas beibringen?
Sowieso. Der Schauspieler ist ja einer der wenigen Berufe, wo man im Alter besser wird. Aber ich muss sagen, es gibt in Deutschland eine große Menge verblüffend guter junger Schauspieler und Schauspielerinnen. Das Defizit in Film und Fernsehen liegt definitiv nicht daran, dass wir keine guten Darsteller hätten.
Welches Defizit meinen Sie?
Na ja, die Schwächen des Programms sind doch bekannt, das müssen wir nicht vertiefen. Immer wird noch eine Krankenhausserie gedreht oder noch eine unerträgliche Schnulze . . .
Was ist eigentlich an dem Gerücht dran, dass Sie so viel drehen, weil Ihre Rente nicht zum Leben reicht?
Gut, dass Sie das ansprechen. Das Ganze stimmt überhaupt nicht! Da wurde eine Aussage von mir in einem Interview verfälscht, aber jetzt kursiert das, und ich stehe als armer Schlucker da. Meine staatliche Rente ist zwar relativ bescheiden, aber ich habe ja auch noch andere Einnahmequellen. Es ist völliger Schwachsinn, mich zu einem Fall von Altersarmut zu stilisieren und zu schreiben, dass ich dringend Rollen brauche. Ich drehe zwar sehr gerne, aber ich werde das in Zukunft etwas einschränken. Ich will nur noch das drehen, was mich wirklich interessiert. In meinem Alter geht es schließlich um Lebenszeit, ich will meine restlichen Jahre nicht nur vor der Kamera rumspringen.
„Rentnercops“, ARD, dienstags 18.50 Uhr