Mit interaktiver Grafik - Wegen des neuen Mindestlohns und der schlechten wirtschaftlichen Lage der Branche steigen die Taxipreise in vielen Regionen. Auch in Stuttgart. Von Januar an müssen Fahrgäste mit 20 Prozent höheren Tarifen rechnen. Dafür will das Gewerbe Verbesserungen bieten.

Stuttgart - Die Stadt und die Taxibranche haben sich auf neue Tarife geeinigt. „Für eine Fahrt mit mittlerer Strecke werden etwa 20 Prozent höhere Preise anfallen“, sagt Hermann Karpf, Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. Je nach Fahrtdauer könne der Anstieg im einen oder anderen Fall auch höher oder niedriger ausfallen. Bei einigen Punkten gebe es noch Gesprächsbedarf, aber der große Rahmen stehe, heißt es bei der Stadtverwaltung. Man liege dabei auf dem Niveau vergleichbarer Städte. Nur bei kurzen Fahrten müsse man in Stuttgart wegen der schwierigen Topografie höhere Preise verlangen als anderswo.

Die Erhöhung soll im Lauf des Januars greifen. Das Eichamt braucht Zeit, um sämtliche Taxameter neu einzustellen. Gelten werden die neuen Tarife auch im Landkreis Esslingen, der wegen des gemeinsamen Flughafens die Stuttgarter Preise übernimmt. Der Grundtarif soll dem Vernehmen nach von bisher 2,90 auf künftig 3,10 Euro nur moderat steigen. Pro Kilometer wird künftig aber deutlich mehr als die bisher gültigen 1,90 Euro für Kurzstrecken und 1,60 Euro für Fahrten über vier Kilometer Länge anfallen.

Die Erhöhung bewegt sich aber in Stuttgart durchaus im üblichen Rahmen. Denn in ganz Deutschland werden derzeit die Tarife nach oben geschraubt. Grund ist zum einen die wie in Stuttgart oft schlechte wirtschaftliche Lage der Branche, zum anderen aber vor allem der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, der von Januar an für Taxiunternehmen gilt. „Wir senden mit der Erhöhung in Stuttgart auch das wichtige Signal, dass wir eine Umsetzung des Mindestlohns erwarten“, sagt Karpf.

Die Unternehmen müssen dadurch mehr Geld ausgeben. „Die Fahrer haben bisher meist keinen Stundenlohn, sondern eine Umsatzbeteiligung bekommen. Die lag umgerechnet bei sechs bis sieben Euro pro Stunde“, sagt Thomas Laschuk, Vorsitzender des Taxiverbandes Baden-Württemberg. Wenn ein angestellter Fahrer keine Kunden hat, geht er bisher oft leer aus, künftig bekommt er aber trotzdem Geld vom Chef. Das hat landesweit dazu geführt, dass es bereits einige vorsorgliche Kündigungen gegeben hat, weil die Unternehmen fürchten, zu hohe Ausgaben zu haben. Zahlreiche Tariferhöhungen im ganzen Land sind die zweite Konsequenz. „Im Schnitt sind es vielerorts zwischen 20 und 30 Prozent“, weiß Laschuk. Bundesweit bewegen sich die Anhebungen in einer ähnlichen Dimension.

Zuletzt stritten Stadt und Taxigewerbe um Präsenz am Wasen

„Es geht insbesondere um den Mindestlohn, aber auch um die Lage der Branche in Stuttgart“, sagt Manfred Hülsmann, Vorstandsmitglied der Taxi-Auto-Zentrale. Sie vermittelt in der Landeshauptstadt den Großteil der rund 750 Taxis. Derzeit betrage die Auslastung rund 25 Prozent, der Umsatz pro Stunde nur 15 Euro. Davon könne kein Unternehmen leben. „Wir brauchen 25 bis 30 Euro in der Stunde“, weiß Hülsmann – und lobt die Stadt: „Es ist gut, dass man dort so schnell reagiert hat.“

Das sind versöhnliche Töne, nachdem sich Stadtverwaltung, die städtische Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart und die Taxifahrer zuletzt wegen der Situation während des Volksfests in die Haare geraten sind. Die Fahrer waren sogar in einem Protestzug vors Rathaus gezogen, um sich gegen die Vorwürfe, sie könnten das Kundenaufkommen nicht stemmen, zu wehren. Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat daraufhin Gespräche zugesagt. Die wird es an diesem Mittwoch geben. Zudem will die Taxi-Zentrale verschiedene politische Vertreter in den nächsten Wochen zu sich nach Bad Cannstatt einladen.

Zu besprechen wird es trotz der beschlossenen Tariferhöhung einiges geben. Denn die Branche will es nicht dabei belassen, mehr Geld zu fordern. „Wir könnten uns vorstellen, dass die Stadt einen Dienstplan erstellt“, sagt Hülsmann. Das würde bedeuten, dass nur so viele Taxis im Einsatz sein dürfen, wie am jeweiligen Tag notwendig sind. Das würde die Umsätze der eingesetzten Fahrzeuge erhöhen. Davon müssten aber die einzelnen Unternehmen erst einmal überzeugt werden. Zudem will die Branche vermehrt Spezialfahrzeuge wie Großraum- oder Rollstuhltaxis anbieten. „Wir wollen hier etwas aufbauen“, sagt Hülsmann.