Kollegin Anna Janneke (Margarita Broich, re.) bekommt den Auftrag, auf Fanny (Zazie de Paris) aufzupassen, die nicht mehr Frau ihrer Sinne zu sein scheint. Foto: HR/Pressestelle

„Fürchte dich“: Der Titel des neuen HR-„Tatorts“ aus Frankfurt mit dem Duo Janneke/Brix ist Programm. Wir verraten, ob sich das Einschalten lohnt.

Frankfurt - Wenn „Tatort“-Fans über einen Krimi fachsimpeln, spielt die Zahl der Leichen eine gewichtige Rolle. Sie gilt als (nicht immer verlässlicher) Indikator dafür, wie blutrünstig, abgründig oder actiongeladen eine Folge gewesen ist.

Spitzenreiter mit 47 Toten ist der HR-Tatort „Im Schmerz geboren“ mit Ulrich Tukur, zuvor führte lang Til Schweigers Tschiller die Charts an. Beim sechsten Sonntagskrimi aus Frankfurt mit dem Duo Janneke/Brix dürfte das Durchzählen schwierig werden. Denn wer da tot und wer lebendig ist, lässt sich nicht wirklich mit Exaktheit feststellen.

Mit Fakten kommt man bei der Folge „Fürchte dich“ sowieso nicht weit; und vom sonst so gern bemühten Sozialrealismus lassen die Autoren Christian Mackrodt und Andy Fetscher, der auch die Regie übernahm, tunlichst die Finger. Stattdessen liefern sie eine konsequente, gar nicht so stümperhafte und dadurch recht unterhaltsame Fingerübung in einem Genre ab, das die Krimireihe bislang ausgespart hat: „Fürchte dich“ ist ein reinrassiger Grusel-Schocker.

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Schauerliche Banalität

„Glauben Sie an Geister?“ fragt die Kommissarin Anna Janneke (Margarita Broich) zu Beginn mit belegter Stimme aus dem Off, um dann vom wohl „unheimlichsten Fall“ ihrer Laufbahn zu erzählen. Da blitzt es schon und donnert, und ein alter Mann (Axel Werner) dringt nachts in das Haus von Fanny und Kommissar Paul Brix ein, um die alte Villa und sich selbst noch dazu abzufackeln. Das misslingt, weil ihn von hinten zwei dürre Hände packen, dann liegt er draußen im Gewittermatsch und stiert das Dachfenster an. Paul Brix (Wolfram Koch) folgt seinem Blick – und findet unter den Dachbodendielen ein Kinderskelett. Während Janneke den Auftrag bekommt, sich im Haus um die mitgenommene Fanny (Zazie de Paris) zu kümmern, versucht Paul Brix (Wolfram Koch) Licht in das Geheimnis seiner augenscheinlich von einem Fluch belegten Wohnstatt zu bringen. An der wahren Geschichte hat Merlie Schlien (Luise Befort), die ebenfalls irgendwie gestörte Enkelin des Greises, ein gesteigertes Interesse. Was sie gemeinsam zu Tage fördern, ist zwar monströs, aber von schauerlicher Banalität.

Nebelschwaden, knarzende Türen, Kellergruften; Schaukelstühle, wie von Geisterhand bewegt, Untote, die in die Lebenden fahren, sogar Telefongespräche manipulieren: Fetscher mixt Horror, Schauer, Mystery, dass es eine wahre Freude ist. Ein paar echte Schock-Momente im stilecht inszenierten „Haunted House“ kriegt er hin und schafft es dennoch, die routinefreie Polizeiermittlung von Brix plausibel zu integrieren. Am Schluss erweisen sich die Autoren dann aber doch noch als Spielverderber und setzen auf ihren hübschen Horror-„Tatort“ noch eine Familientragödie drauf. Das verhunzt den herrlichen Grusel-Spaß.

ARD, Sonntag, 20.15

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.die-tatort-vorschau-big-data-und-big-brother-in-frankfurt.d0fa3586-bef4-4be3-a045-a5d41c53b2ce.html