Ein 73 Jahre alter Ex-Firmenchef und seine Frau müssen wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis. Foto: dpa

Ein Unternehmerehepaar aus Stuttgart muss ins Gefängnis, weil es den Fiskus jahrelang betrogen hat. Bewährungsstrafen seien nicht möglich gewesen, so der Richter.

Stuttgart - Im Speditionsgeschäft wird mit harten Bandagen gekämpft. Auch Traditionsfirmen kommen dabei schnell ins Rudern. So muss es wohl auch dem Ehepaar gegangen sein, das mit seiner Spedition mit Sitz in Stuttgart von 2003 bis 2007 rund 1,8 Millionen Euro am Finanzamt vorbeigeschleust haben soll. Dafür ist der einstige 73-jährige Firmenchef am Dienstag vom Landgericht Stuttgart zu drei Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Seine 64-jährige Ehefrau, die für die Buchhaltung zuständig war, verurteilte die 13. Strafkammer zu zwei Jahren und sechs Monaten.

„Aufgrund der hohen Schadensumme sind Bewährungsstrafen nicht möglich“, sagt der Vorsitzende Richter Frank Maurer. Schon 2008 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) geurteilt, bei einer Steuerhinterziehung von mehr als einer Million Euro komme in der Regel keine Bewährung mehr infrage. Es gebe keinen Grund, Steuerhinterzieher gegenüber anderen Wirtschaftsstraftätern besserzustellen, so der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs.

2009 verurteilte das Landgericht Bochum den ehemaligen Postchef Klaus Zumwinkel für die Hinterziehung von einer knappen Million Euro zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Daraufhin konkretisierte der BGH 2012 die Strafregelung.

Geständnisse gleich am ersten Prozesstag

Das Paar hatte gleich am ersten Prozesstag ein umfassendes Geständnis abgelegt. „Damit haben Sie in diesem Verfahren alles richtig gemacht“, so Richter Maurer. Immerhin hatte die Staatsanwältin für den einstigen Firmenchef viereinhalb Jahre Gefängnis beantragt. „Das ist durchaus vertretbar“, so Maurer. Zumal der Angeklagte, anders als seine Gattin, einschlägig vorbestraft sei. Die Geständnisse, die glaubhafte Reue, die Schadenswiedergutmachung lange vor Prozessbeginn und die lange Verfahrensdauer seien jedoch strafmindernd gewertet worden. Ein weiterer Pluspunkt für den 73-Jährigen, der die Geschäfte vor gut zwei Jahren in die Hände seines Sohnes gelegt hat: Der Ex-Speditionschef hatte vor Gericht Namen von bestochenen Geschäftspartnern preisgegeben.

Das Paar hatte laut dem Gericht schwarze Kassen angelegt – für private Zwecke, für die Schwarzarbeit einer Mitarbeiterin sowie für Schmiergeldzahlungen, um auf dem Speditionsmarkt bestehen zu können. Schließlich hätte der 73-Jährige trotz dem großen Konkurrenzdruck keine Arbeitsplätze ins Ausland verlegen wollen, so der Richter.

Trotzdem: „Sie haben über Jahre hinweg ein System aufgebaut, mit dem Sie Umsatz-, Gewerbe-, Körperschafts- und Einkommenssteuer hinterzogen haben“, führt Maurer aus. Irgendwann vor Januar 2003 seien die Angeklagten übereingekommen, den Fiskus zu betrügen. So hätten sie sich die Rechnungen eines Großkunden nur noch per Verrechnungsscheck begleichen lassen. Dieses Geld sei dann an der Buchhaltung vorbei auf privaten Konten gelandet. Das Geld eines anderen Kunden sei zwar eingebucht, dann aber wieder ausgebucht worden. Diese angeblichen Doppelzahlungen fielen so ebenfalls aus der Buchhaltung heraus.

Das Paar ist noch auf freiem Fuß

1,2 Millionen Euro an Firmengeldern und knapp 600 000 Euro an privaten Einkünften hätten die Angeklagten den Finanzämtern Stuttgart und Leonberg vorenthalten. Denn das aus der Firma illegal gezogene Geld tauchte natürlich auch nicht in den Einkommenssteuererklärungen auf.

Jeweils sieben Monate der jetzt verhängten Freiheitsstrafen gelten bereits als verbüßt – wegen der rechtsstaatswidrigen Verfahrenverzögerung von rund vier Jahren. Dafür könnten die Angeklagten schließlich nichts, so der Richter. Das Ehepaar befindet sich auf freiem Fuß. Beiden wird in absehbarer Zeit ein Haftantrittstermin genannt werden – falls das Paar keine Revision einlegt und das Urteil der 13. Wirtschaftsstrafkammer somit rechtskräftig wird.