Die Kickers im Freudenrausch. Enzo Marchese, Elia Soriano und Sandrino Braun (von links nach rechts) jubeln über den ersten Tabellenplatz Foto: Pressefoto Baumann

Damit haben selbst die größten Optimisten im Lager der Blauen nicht gerechnet: Nach sechs Spieltagen übernimmt Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers die Tabellenführung. Die gilt es an diesem Sonntag (14 Uhr) bei Arminia Bielefeld zu verteidigen.

Stuttgart - Glückseligkeit in Blau. „Spitzenreiter, Spitzenreiter“, skandierten die Fans. Die Spieler lagen sich in den Armen und machten sich ausgelassen auf zur Ehrenrunde. Als Trainer Horst Steffen zurück in die Katakomben des Kreuzeiche-Stadions kam, ballte er die Faust und rief: „So muss es sein!“ Dass neben dem klasse Spiel der Kickers auch die Kulisse mit 3420 Zuschauern in Reutlingen endlich stimmte, war ein angenehmer Nebeneffekt. „Ich habe immer gesagt, wenn wir sportlich vorlegen, dann kommen die Leute auch“, sagte Sportdirektor Michael Zeyer – und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Es ist schon lange her, dass die Kickers von oben grüßen.“ Wobei niemand den aktuellen Platz an der Sonne überbewerten wollte. Schon gar nicht der Coach. „Wir freuen uns und genießen, aber die Tabellenführung ist nicht mehr als eine Momentaufnahme“, stellte Steffen klar.

Die Kickers hatten nach einer zehnmütigen Anlaufphase das Kommando übernommen. Eine Flanke von Kapitän Enzo Marchese landete punktgenau bei Elia Soriano – der Stürmer drosch den Ball aber frei stehend vom Elfmeterpunkt aus weit übers Tor (14.). Drei Minuten später bot sich erneut die Chance zur Führung. Nach einem Schuss von Flügelflitzer Randy Edwini-Bonsu klärten CFC-Torwart Philipp Pentke und Verteidiger Dan-Patrick Toggenberg mit vereinten Kräften vor dem einschussbereiten Soriano. Die Chemnitzer kamen vor der Pause nach einer Flanke von Philip Türpitz zu ihrer besten Chance: Der ehemalige Kickers-Spieler bediente Torjäger Anton Fink, der zwang Torwart Korbinian Müller aus 16 Metern zu einer Glanzparade.

Die Kickers kontrollierten danach wieder die Partie, hatten mehr Ballbesitz, kombinierten schön, aber der letzte Zug zum Tor fehlte. Pech hatten die Blauen in der 37. Minute: Fabian Baumgärtel kam in einem Laufduell, hart bedrängt von Türpitz, im Strafraum zu Fall. Die Kickers-Fans forderten Elfmeter – der Pfiff blieb aus.

Unmittelbar nach der Pause hatten die Kickers dann das Glück auf ihrer Seite: Reagy Ofosu vergab frei vor dem Kickers-Tor eine Riesenchance (46.). Es wäre die kalte Dusche für das Steffen-Team gewesen. Doch es bewahrte auch so kühlen Kopf. Innenverteidiger Marc Stein fing einen Pass der Chemnitzer ab, spielte den Ball zurück zu Torwart Korbinian Müller, der überraschte die aufgerückten Chemnitzer mit einem langen Ball auf Besar Halimi. Der Mittelfeldspieler lief aufs Tor zu, legte quer auf Soriano – und der traf zum 1:0 (54.). Es war das zweite Saisontor von Soriano und bereits die siebte Torvorlage von Halimi. Danach ging das Spiel hin und her. Die Kickers standen etwas tiefer, ließen Chemnitz mehr Raum. Die Mannschaft von Trainer Karsten Heine nutzte ihn nicht. Neun Minuten vor Schluss dezimierten sie sich selbst. Nach einem Foul an Marchese sah Nils Röseler Gelb-Rot (79.). Sieben Minuten später machten die Blauen alles klar: Marco Kehl-Gomez holte Marco Calamita von den Beinen. Marchese, die Zuverlässigkeit in Person in Sachen Elfmeter, verwandelte den fälligen Strafstoß zum 2:0 (86.). Zu diesem Zeitpunkt waren der ehemalige Kickers-Trainer Robin Dutt und seine Frau Daniela schon auf dem Heimweg. Dutt hatte Chemnitz beobachtet, den nächsten Gegners seines Clubs Werder Bremen im DFB-Pokal-Wettbewerb.

Für die Blauen geht es an diesem Sonntag in Bielefeld weiter. „Die Tabellenführung ist der Lohn für den Aufwand, den wir bisher betrieben haben. In Bielefeld wollen wir das Geleistete bestätigen“, sagte Marchese.