Schiri Tobias Stieler schickt Fabian Baumgärtel vom Feld – und die Kickers bliesen zur Aufholjagd Foto: Baumann

Sechs Punkte fehlen den Stuttgarter Kickers auf den Relegationsplatz in der dritten Fußball-Liga, bei drei ausstehenden Partien eine ganze Menge. Doch Trainer Horst Steffen will noch nicht die weiße Fahne schwenken.

Stuttgart - „Nach einer Heimniederlage brauchst du dir keine Hoffnung mehr zu machen“, stöhnte Enzo Marchese. Keine Hoffnung auf den Aufstieg. Der Kapitän der Kickers war nach dem 3:4 gegen Dresden psychisch ausgeknockt, und er war nicht der Einzige im Gazistadion, der den Schmerz irgendwo körperlich spürte. Das 3:4 nach furioser Aufholjagd in Unterzahl und mit dem K.-o.-Schlag in der Nachspielzeit war einfach zu fürchterlich, um nur einen einzigen positiven Gedanken zuzulassen.

„Es tut weh“, sagte Stürmer Daniel Engelbrecht, „der Frust ist riesengroß.“

War’s das im Aufstiegsrennen? Ja, könnte man behaupten. Weil die Blauen in der Abwehr zu wackelig sind, drei Tore gegen Dynamo fielen nach Standards – und auch der Torhüterwechsel hin zu Mark-Patrick Redl brachte nicht mehr Rückhalt. Aufstieg ade, weil nach Rot für Fabian Baumgärtel noch eine Stammkraft im Liga-Endspurt fehlt, was Trainer Horst Steffen wütend machte: „Ich kann seine Emotionen verstehen, aber dann sage ich das, was ich loswerden muss, eben nicht in Richtung des Schiris.“

Dass Referee Tobias Stieler sicher auch schon bessere Leistungen gezeigt hat, potenzierte den Frust aller Kickers-Sympathisanten – nach zwei höchst zweifelhaften Freistößen fielen Gegentore, zudem ging Baumgärtels bösen Worten ein für große Zuschauerschichten unverständlicher Foulpfiff, gewürzt mit einer Gelben Karte für Nick Fennell, voraus.

Aufstieg abhaken? Nein, denn es gibt noch Gründe, die Dünger fürs winzige Pflänzchen Hoffnung sind – auch wenn die Lücke zum Relegationsplatz bereits beachtliche sechs Zähler beträgt. Die dramatische Partie hat nachdrücklich bewiesen, dass die Kickers in dieser Saison nie aufgeben, dass sie stets an ihre Chance glauben.

„Wenn wir diese Leidenschaft in Münster zeigen und jeder wieder ans Limit geht“, betont Steffen, „ist dort ein Sieg möglich.“ Natürlich hat der Coach im Rechnen in der Schule aufgepasst und kennt auch die Fußball-Arithmetik: Drei Spiele, neun Punkte – nur so bleiben die Kickers im Lostopf, wenn’s um ein Ticket für Liga zwei geht. Preußen Münster, RW Erfurt, Holstein Kiel heißen die Gegner. „Das Thema ist noch nicht durch“, bekräftigt Steffen.

Hin- und hergerissen zwischen Frust und Hoffnung sind der Coach und Sportdirektor Michael Zeyer längst bei der Zusammenstellung des Kaders für die neue Saison – für jeden Mannschaftsteil ist der Club noch auf der Suche. Im Sturm deutet vieles darauf hin, dass es Erich Berko (VfB II/Vertrag läuft aus) auf die Waldau zieht. Auch Gratas Sirgedas (VfB II) ist begehrt, für den Mittelfeldspieler würde aber eine Ablöse fällig.

Zudem wäre ein Torhüter willkommen, Kevin Kunz (Großaspach) werden Chancen eingeräumt. Korbinian Müller hat das Vertrauen verspielt, Mark-Patrick Redl konnte gegen Dynamo keine Eigenwerbung für einen neuen Vertrag betreiben. „Er konnte uns das Spiel nicht retten“, sagt Steffen. Redl hat noch drei Spiele, um zu überzeugen – der 22-Jährige wird nicht aufgeben. Auch Enzo Marchese wird gegen Preußen Münster wieder mental aufgerichtet sein und mithelfen, das fast Unmögliche möglich zu machen.