Wolfgang Meinhardt vor dem weihnachtlich geschmückten Rathausbrunnen. Foto: Hintermayr

Der Vaihinger Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt blickt im Interview auf das Jahr 2016 zurück. Dieses wartete mit einigen Überraschungen und brisanten Themen auf.

Vaihingen - Seit zwölf Jahren steht Wolfgang Meinhardt dem Stadtbezirk vor. 2016 wartete mit einigen Überraschungen und mitunter brisanten Themen auf, sagt der gebürtige Vaihinger. Dazu zählen nicht zuletzt die angekündigten Ansiedlungen im Synergiepark und auf dem ehemaligen Eiermann-Campus.

Herr Meinhardt, wie sieht es denn auf Ihrem Besprechungstisch aus?
Entschuldigen Sie das Chaos, ich habe heute Morgen erst einen ganzen Haufen Unterlagen bekommen und hatte noch keine Gelegenheit zum Sortieren. Ein Großteil davon betrifft die nächste Runde des Bürgerhaushalts, für den die Stuttgarter ab Januar wieder Ideen für den nächsten Doppelhaushalt 2017/18 vorschlagen können.
Was denken Sie, was die Vaihinger im kommenden Bürgerhaushalt beschäftigt?
Das Thema Verkehr wird sicher wieder aufschlagen, der Ausbau von Straßen und Radwegen. Außerdem stehen Schulen immer hoch im Kurs. Sanierungen und Ausbau beschäftigen viele Schüler, Eltern und Lehrer.
Der Verkehr in Vaihingen, insbesondere auf der Nord-Süd-Straße, ist ja schon lange ein Thema ...
Der Verkehr nimmt stetig zu. Die Nähe zur Autobahn ist da sicherlich einer der Hauptgründe. Wenn es sich dort staut, versuchen viele Autofahrer, über die Nord-Süd-Straße und die Bezirke Vaihingen und Möhringen auszuweichen. Mit den Ansiedlungen von Daimler und Allianz im Synergiepark wird die Zahl derer, die unsere Straßen befahren, weiter zunehmen. Mehr Menschen bedeuten mehr Verkehr.
Wie kann man dem Stauproblem entgegenwirken?
Wir müssen den öffentlichen Nahverkehr weiter ausbauen. Die U 12 und die S-Bahn führen zwar durch den Synergiepark, aber die Anbindung an das Stuttgarter Umland muss verbessert werden. Der geplante Regionalbahnhalt könnte eine Möglichkeit sein, die Regionen Tübingen und Reutlingen an den ÖPNV anzuschließen und den Straßenverkehr zu entlasten. Der Nahverkehr kann als Lösung allerdings nur dann funktionieren, wenn er reibungslos und störungsfrei läuft und von den Menschen auch angenommen wird.
Die U 12 fährt seit Mitte Mai bis nach Dürrlewang und sollte zur Straßenentlastung beitragen. Aber es staut sich immer noch ...
Insbesondere für die Dürrlewanger ist die Linie eine Verbesserung. Sie haben nun eine direkte Verbindung in die Stuttgarter Innenstadt. Für die Pendler freilich, die aus der Region kommen und im Synergiepark arbeiten, ist sie nicht geeignet.
Die Grünen brachten eine Seilbahn als Alternative zur Sprache. Während die Idee anfangs eher belächelt wurde, ist sie nun in aller Munde. Was halten sie davon?
Die Seilbahn als Alternative im öffentlichen Nahverkehr müsste man zunächst gut untersuchen. Ich fürchte, dass sie außerhalb des Berufsverkehrs viel Leerlauf haben würde. Und die Idee, ein Park-and-Ride-Parkhaus an der Autobahnanschlussstelle oder nahe des Möhringer Freibads aufzubauen, von wo die Menschen auf die Seilbahn, Stadtbahn oder Busse umsteigen könnten, müsste gründlich geprüft werden. Es bleibt die Frage, wer als Pendler erst 28 Kilometer mit dem Auto in Richtung Stuttgart fährt, um dann die letzten zwei Kilometer mit den Öffentlichen zurückzulegt.
Der Ausbau der Nord-Süd-Straße wird gerade wieder heiß diskutiert. Wird er 2017 kommen?
Nein, ich denke, dass das noch seine Zeit brauchen wird. Der Ausbau wird kommen, nur vermutlich nicht im nächsten Jahr. Aber wie heißt es so schön? Unverhofft kommt oft. Wer hätte 2015 gedacht, dass Daimler und Allianz im Jahr 2016 mit jeweils 4000 Arbeitsplätzen aufschlagen?
Sind das die beiden Namen, die die Gemüter der Vaihinger in diesem Jahr am meisten erhitzt haben?
Sie gehören sicherlich dazu. Daimler weniger als die Allianz, die ja auf ihrem Sportgelände bauen möchte. Das Thema Frischluftschneise und die Zukunft der ansässigen Vereine hat die Bürger beschäftigt. Da sind die Beteiligten dabei, Lösungen für alle zu finden.
Nicht für alle. Die Sport-Insel wird wohl keine Zukunft am Schwarzbach haben.
Das ist leider wahr. Für die Betreiberfamilie und den Squashverein ist das wirklich schade. Dabei können sie noch nicht einmal etwas dafür. Der Erbbauberechtigte hat seine Chance vertan, und die Familie Etschmann ist nun die Leidtragende.
2016 kamen auch die Pläne für das ehemalige Eiermann-Areal ins Rollen. Wie beurteilen Sie das Projekt unter dem klangvollen Namen Garden Campus?
Die Eiermänner waren fast schon in Vergessenheit geraten. Ich persönlich hätte auch kein Problem damit gehabt, das Areal so zu lassen, wie es ist. Und auch, wenn es jetzt Entwürfe für die Bebauung gibt, wird es noch einige Zeit dauern, bis dort etwas passiert. Den jetzt gewählten Siegerentwurf mit dem Wohnriegel fand ich von Anfang an am Interessantesten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das besonders für studentisches Wohnen gut angenommen wird. Ein Hingucker wären die neuen Gebäude sicherlich.
Die Anwohner insbesondere der Gründgensstraße fürchten, dass durch die Besiedelung des Campus’ der Verkehr durch ihre Straße zunimmt. Wie begegnen sie diesen Sorgen?
Ich kann die Bedenken der Anwohner nachvollziehen. Der Verkehr ist ein Thema, das uns immer begleiten wird und das bei jedem Bauvorhaben aufs Neue zur Sprache kommt. Über den Anschluss des Campus’ an das Vaihinger Zentrum müssen wir uns in jedem Fall noch Gedanken machen. Eine Anliegerregelung für die Gründgensstraße wäre sicher eine Lösung.
Nicht nur im äußersten Westen Vaihingens, auch im Zentrum soll sich etwas tun. In diesem Jahr gab es bereits vorbereitende Untersuchungen für das „Sanierungsgebiet Vaihingen 4“, die Ortsmitte zwischen Bahnhofsvorplatz über den Stadtpark bis hin zum Vaihinger Markt.
Das ist richtig. Wir möchten das Zentrum aufwerten. Dazu gehört etwa eine schöne Verbindung vom Bahnhof zum Vaihinger Markt. Insbesondere der Bahnhofsvorplatz soll aufgewertet werden. Bei all den Ansiedlungen im Synergiepark ist es wichtig, dass der Bahnhof zur Mobilitätszentrale wird und den Menschen den Umstieg von der Bahn auf das Rad, Carsharingangebote sowie E-Bikes bietet.
Wenn wir schon am Bahnhof sind, gibt es Neuigkeiten in Sachen Aurelis?
Der letzte Stand war, dass die Stadt das Aurelis-Gelände kaufen möchte, um damit Ausgleichsflächen für die Ansiedlung der Allianz zu schaffen. Aurelis hingegen dachte eher an Wohnungsbau. Was genau auf dem Gelände passiert, ist noch unklar.
Was wäre denn Ihrer Meinung nach das Beste, was auf dem Aurelis-Gelände entstehen könnte?
Wohnraum wird dringend benötigt, und aufgrund der Lage direkt am Bahnhof wäre der Standort sicher für viele Studenten interessant, die dann mit der Bahn direkt zum Campus fahren könnten. Aber auch Grünflächen könnte ich mir auf dem Areal gut vorstellen.
Sie erwähnten eingangs, dass das Thema Schule die Vaihinger auch immer beschäftigt. Wie sieht es in Sachen Schulcampus aus?
Da muss langsam etwas passieren. Im Januar will das Schulverwaltungsamt sich mit den Schulleitern und mir zusammensetzen. Die vier Schulen müssen sich insbesondere beim Thema Nutzung des C4-Schulhauses einig werden. Der Fahrplan sieht vor, dass wir die Pläne im Februar oder März im Bezirksbeirat vorstellen wollen. Die Schulsanierungen dürfen aber bei dem ganzen Vorhaben nicht unter den Tisch fallen. Die Gelder sind auch da, aber es hängt vieles davon ab, welche Gebäude für den Campus bleiben sollen und welche abgerissen werden. Das Thema liegt mir sehr am Herzen, da ich als Vaihinger selbst die Pestalozzischule und das Hegel-Gymnasium besucht habe.
Haben Sie Pluspunkte bei den Bürgern, weil sie in Vaihingen aufgewachsen sind?
Ich kenne natürlich viele, teilweise noch aus meiner Kindheit. Ehemalige Klassenkameraden von mir sind heute ebenfalls in verantwortungsvollen Positionen in unserem Stadtbezirk. Ich werde auch oft auf der Straße angesprochen von Leuten, die sagen, ‚ich kenn dich noch von früher, darf ich noch Du sagen?’. Das ist doch auch das Schöne an meiner Arbeit, dass ich mit den Bürgern ins Gespräch komme.
Ins Gespräch kommen Sie auch regelmäßig mit den Bezirksbeiräten. Die Sitzungen dauern für gewöhnlich etwas länger. Wie halten Sie das aus?
Bei manch einer stundenlangen Diskussion frage ich mich schon, warum ich das mache. Die Antwort lautet jedes Mal: wegen unserer Bürger. Wir im Bezirksbeirat versuchen, die Interessen der Bewohner so gut wie möglich vor der Stadt zu vertreten und ihre Anliegen an die Verwaltung weiterzugeben.
Als Präsident des Heimatrings lag Ihnen auch das Kinder- und Heimatfest immer am Herzen. In diesem Jahr musste das Fest allerdings mangels Beteiligung der Vereine ausfallen. Ist das Kinderfest damit gestorben?
Nein. Wir wollen es 2017 zusammen mit einem französischen Markt vom 7. bis 9. Juli durchführen. Der Grundgedanke dabei war, Synergieeffekte zu nutzen und Menschen zu den Veranstaltungen zu holen, die die einzelnen Termine vielleicht nicht besuchen würden. Ich wollte nicht der Totengräber für das Kinder- und Heimatfest sein, sondern noch einen Versuch wagen. Ich hoffe, dass das von den Menschen angenommen wird.
Sie stehen nun seit zwölf Jahren dem Bezirk Vaihingen vor. Wird es auch 2017 noch ein Jahresinterview mit Ihnen als Bezirksvorsteher geben?
Ja, wird es. Sie dürfen auch im nächsten Jahr wiederkommen.