Foto: Google Maps/Grafik: Lange

Mehrheit im Rathaus und OB peilen neuen Fußgängerweg über die Konrad-Adenauer-Straße an.

Stuttgart - Über die Konrad-Adenauer-Straße soll ein neuer Überweg für Fußgänger geschaffen werden. Das peilt nicht nur die öko-soziale Mehrheit im Rathaus an, sondern auch OB Wolfgang Schuster (CDU). Entstehen soll der Überweg in Höhe der Ulrichstraße.

Wolfgang Schuster hat sein Herz für die Fußgänger entdeckt. Vor einer Woche versprach der OB per Unterschrift unter die Fußgänger-Charta "Walk 21", sich für eine fußgängerfreundliche Stadtplanung einzusetzen - und schon wird's ernst.

Im Herzen der Autostadt

Die Verwaltung strebt nach interner Debatte mit dem OB einen Fußgängerüberweg über die B14 in Höhe der Ulrichstraße an, sagte Technik-Bürgermeister Dirk Thürnau (SPD) am Dienstag. Die betreffende Stelle ist rund 180 Meter vom Fußgängerüberweg auf dem sogenannten Sobek-Deckel entfernt. Thürnau fügte im Ausschuss für Umwelt und Technik hinzu, die Verwaltung wolle das Vorhaben mit 400.000 Euro in ihre Wunschliste für die Etatberatungen schreiben.

Zumindest bei der öko-sozialen Mehrheit rennt sie offene Türen ein. "Wir wollen dem Unterzeichner der Fußgänger-Charta gern über die Straße helfen", spottete Michael Kienzle von den Grünen. Sie setzen sich schon länger als Schuster für dieses Ziel ein. Doch Überwege über verkehrsbelastete Bundesstraßen im Herzen der Automobilstadt Stuttgart waren stets ein Streitthema.

Nach erheblichen Querelen, bei denen auch der Automobilclub ADAC mitmischte, wurden 2005 schließlich zwei Fußgängerquerungen im B-14-Abschnitt Hauptstätter Straße beschlossen. Sie wurden 2006 probeweise auf Höhe der Leonhardskirche und der Sophienstraße eingerichtet - inzwischen haben sich auch die Autofahrer daran gewöhnt.

Für eine Querung beim Opernhaus gab es 2005 keine Mehrheit. Auch die Verwaltung, die einen Autotunnel anpeilte, war dagegen.

Überweg verlängert Stau

Den Überweg zwischen Opernhaus und Eugenstraße würden neben den Grünen heute auch noch die SPD und die Fraktion SÖS/Linke gern verwirklicht sehen. Am Dienstag freilich verabschiedeten Grüne und SPD sich bis auf weiteres von diesem Ziel. Das lag an dem Verkehrsgutachter Rolf Karajan, der das Ergebnis eingehender Prüfungen von Überwegen auf der Kulturmeile präsentierte.

Wenn man auf diese Weise den Fußgängern helfen, die Trennungswirkung der B14 verringern und ein gleichmäßiges Tempo der Autos erreichen wolle, dann empfehle er den Bau des Überwegs in Höhe der Ulrichstraße, sagte Karajan. Ein Überweg beim Opernhaus würde die Verflechtungsspuren zwischen der B14 und den Parallelfahrbahnen um 40 bis 50 Meter auf 90 bis 100 Meter kappen. Die Folgen wären erheblich.

Bei einer Zählung im Jahr 2004 seien in der morgendlichen Spitzenstunde auf der rechten Spur zwischen Neckartor und Charlottenplatz genau 1861 Fahrzeuge unterwegs gewesen, auf der Nebenspur 1394. Ein Überweg mit den nötigen Ampeln würde den Stau erheblich verlängern: bei einer Berechnung für eine Spur um zwei Kilometer, bei Umrechnung auf zwei Spuren um einen Kilometer. Der Schadstoffausstoß würde auch steigen. Ein Überweg in Höhe der Ulrichstraße beeinträchtige die Luft und den Autoverkehr weniger. Städtebaulich sei er weniger attraktiv, doch mit dem geplanten Neubau der Landesbibliothek werde dieser B-14-Abschnitt für Fußgänger wichtiger.

Entscheidung im Herbst

Für den Überweg komme nur eine Konzeption infrage, meinte Karajan: vier Fußgängerfurten über je zwei Fahrspuren hinweg, dazwischen drei Fußgängerinseln und eine grüne Welle für die Passanten.

Gegen Karajans Befund könne man nicht argumentieren, räumte Grünen-Stadtrat Kienzle ein. Und auch Roswitha Blind (SPD) gestand ein, die Staufolgen wären nicht akzeptabel. Vielleicht lasse die Verkehrssituation es in zehn Jahren einmal zu. Einen neuen Überweg auf der Kulturmeile wolle man aber. Nur Gangolf Stocker (SÖS/Linke) plädierte für einen Überweg beim Opernhaus. Die Frage sei, ob man wirklich eine fußgängerfreundliche Stadt wolle. Am Anfang werde es zwar Staus geben, aber vielleicht sinke dadurch auf längere Sicht das Verkehrsaufkommen.

Alexander Kotz machte klar, dass die CDU auch von Überwegplänen bei der Ulrichstraße überzeugt werden will. Der Sobek-Deckel sei nicht weit. Die Kosten wären hoch. FDP und Freie Wähler hielten sich bedeckt. Michael Conz und Joachim Fahrion forderten aber eine weitere Aufwertung der Unterführung am Opernhaus.

Entschieden wird über den Überweg bei der Ulrichstraße während der Haushaltsberatungen im Herbst. Die Verwaltung will ihn nun erst einmal planen - und auch darüber nachdenken, wie sie die B14 zwischen Neckartor und Österreichischem Platz menschenfreundlicher machen will. Bisher war ihr Ansatz, zumeist an den Rändern Grün und Raum für Fußgänger zu schaffen. Neuerdings gibt es aber Ideen der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung für begehbare Mittelstreifen.