Die Sesselbahn auf dem Killesberg hat 1950 Premiere gefeiert Foto: Archiv

Hoch soll er leben! Der Killesberg, der 75 Jahre alt geworden ist, lag schon immer etwas höher. Mit dem Jubiläum befassen sich zwei Ausstellungen. Eine neue Erkenntnis: „King“ Elvis Presley war 1958 in einer Killesberghalle. Und wer vermisst den Sessellift über Rosen?

Stuttgart - Hoch soll er leben! Der Killesberg, der 75 Jahre alt geworden ist, lag schon immer etwas höher. Mit dem Jubiläum befassen sich zwei Ausstellungen. Eine neue Erkenntnis: „King“ Elvis Presley war 1958 in einer Killesberghalle. Und wer vermisst den Sessellift über Rosen? -

Die legendäre Sesselbahn, die 1950 zur Deutschen Gartenschau Premiere gefeiert hat und zu den prägenden Kindheitserinnerungen vieler Stuttgarter zählt, ist zurückgekehrt. Noch dreht sie allerdings nicht ihre Runden über dem Höhenpark, wie sich dies etliche Kommentatoren auf der Facebook-Seite unseres Geschichtsprojekts Stuttgart-Album wünschen. Eine unrestaurierte Originalgondel der „Einseil-Umlaufbahn“, wie es korrekt heißt, schmückt das Restaurant Scholz am Park, das die ehemaligen Betreiber des ebenso legendären Café Scholz am Marktplatz führen. Der Sessel, mit dem man einst über das Tal der Rosen in zehn Meter Höhe geschwebt ist, stammt aus dem Fundus des Vereins Stuttgarter Historische Straßenbahnen – denn in der Anfangszeit wurde die Bahn von den Stuttgarter Straßenbahnen betrieben.

„Das Exemplar im Scholz am Park ist normalerweise nie zu sehen“, weiß O. A. Krimmel, der Kurator der Ausstellung „Alles Gute“, die „Höhepunkte aus 75 Jahren Höhenpark“ an mehreren Stellen auf dem Killesberg zeigt, „denn diese Gondel befindet sich im Lager des Museums.“

Bei seinen Recherchen für die Outdoor-Ausstellung, die bis zum 8. August geht, hat Krimmel herausgefunden, dass Elvis Presley, the King, am 8. Oktober 1958 beim Konzert von Bill Haley and his Comets in der Killesberghalle 6 dabei war – allerdings nur hinter der Bühne. Eigentlich hätte Elvis mit Haley auftreten sollen. Doch „aus Angst vor Krawallen“ habe der rockende GI den Auftritt nur von der Rückseite der Bühne verfolgt. Den Reportern habe er in Stuttgart nach dem Konzert gesagt: „Ich konnte Bill und die Comets nur von hinten sehen. Aber es war einfach wunderbar. Ich habe ihm so viel zu verdanken. Ohne ihn wäre ich bestimmt nie zum Rock’n’Roll gekommen.“

Ob Elvis mit der Sesselbahn fuhr, ist nicht überliefert. Viele Kinder jedenfalls liebten die Rundfahrten mehr als die Blumen. Mit der Aussicht aufs Abheben mit dem Lift konnten sie für einen Killesberg-Ausflug begeistert werden. Auf der Facebook-Seite des Stuttgart-Albums erinnern sich viele User mit Wehmut daran. „Schnüff, mein Killesberg“, schrieb etwa Kerstin König. „Meine Oma hatte immer fürchterliche Angst“, merkt Thomas Meyer an. „Mir war der Sessellift nie geheuer“, schreibt Peter Böhm, „was ist, wenn er stehen bleibt?“ Und tatsächlich blieb die Bahn gleich zur Eröffnung im Jahr 1950 stehen.

Doch über all die Jahrzehnte schlossen die Stuttgarter das luftige Gefährt ins Herz. Bei Besuchern war der Sessellift beliebt, nur die Anwohner protestierten immer heftiger, weil sie sich am Quietschen störten. Auch die Planer der Internationalen Gartenausstellung (Iga) stellten sich dagegen. Die Stelzen würden das Gelände verschandeln. So kam 1990 das Aus. „Klammheimlich“, stand damals in den Stuttgarter Nachrichten, wurde die Traditionsbahn abgebaut. Die Iga brachte im Jahr 1993 der Stadt die nächste Panoramabahn – und auch die blieb gleich zu Beginn stecken. Am Eröffnungswochenende saßen 60 Fahrgäste 20 Minuten lang am Wartberg fest. Weil ein Kondensator durchbrannte, mussten Techniker den Zug von Hand in den Bahnhof Leibfried ziehen. Beim Empfang ehemaliger Olympia-Teilnehmer hatte Messe-Chef Rainer Vögele noch eine Stunde zuvor erklärt: „Die Iga ist besser als das, was darüber in den Zeitungen steht.“ Die Höhenbahn fahre ohne Probleme. Auf die Bemerkung „Ich hoffe, dass sie heute bei ihrem Rundgang nicht stehen bleibt“ reagierten die ehemaligen Olympioniken und der damalige Sportbürgermeister und spätere OB Wolfgang Schuster noch mit Gelächter. Wenig später hingen sie fest.

Die Rückkehr des Sessellifts auf den Killesberg wünscht sich Matthias Zoernack. „Ich wäre dafür, dass der Lift wieder neu aufgebaut wird“, schreibt er auf unserer Facebook-Seite, „natürlich mit verbesserter neuer Technik.“ Dafür wäre er auch bereits, „wieder Eintritt für den Park zu zahlen“.

Eine zweite, historisch ausführlichere Ausstellung über den Killesberg ist bis zum 21. September im Stadtarchiv in Bad Cannstatt, Bellingweg, zu sehen. Aus dem ehemaligen Steinbruchgelände ist zur Reichsgartenschau im Jahr 1939 der Höhenpark geworden. „Stuttgart wollte sich im NS-Staat als aufgelockerte Großstadt mit einer reichswichtigen Aufgabe präsentieren“, heißt in dem Text zu der Ausstellung. Die Reichgartenschau habe für einen „enormen Imagegewinn“ der Stadt gesorgt. Die „Ambivalenz des NS-Systems zwischen Zustimmung und Terror“ zeige die Funktion des Höhenparks als Sammelstelle für drei Deportationen von Juden aus Stuttgart in den Jahren 1941 und 1942, so das Stadtarchiv. Der Killesberg ist deshalb auch ein Gedenkort.

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