Ob das Bahnprojekt Stuttgart 21 bis Ende 2020 fertiggestellt ist, bleibt fraglich. Weitere Bilder von der umstrittensten Baustelle Deutschlands, dem Stuttgarter Hauptbahnhof, finden Sie in unserer Fotostrecke. Foto: Leif Piechowski

Eine Fertigstellung Ende 2020 ist fraglich. Die Bahn ändert die Bauabläufe und Züblin schlägt eine andere Bautechnik für den Abwasserkanal vor.

Stuttgart - Bei Stuttgart 21 soll der Bauablauf verändert werden. Die Bahn kämpft damit gegen weitere Verspätungen an. 2012 hatte Bahn-Chef Rüdiger Grube einräumen müssen, dass die neue Infrastruktur erst Ende 2020 fertig werde – ein Jahr später als geplant. Der Termin steht erneut infrage.

Der Rohbau für den neuen Tiefbahnhof sollte eigentlich Mitte 2010 starten. Nun wird es Mitte 2013. Drei Jahre Verspätung, aber nur ein Jahr spätere Fertigstellung, wie geht das? Man habe eine „Roh- und Ausbauverkürzung durch Modularisierung und Optimierung geplant“, hatte S-21-Projektleiter Stefan Penn Gegenmaßnahmen aufgezeigt.

Ein Grund für die Verzögerungen sind Umplanungen und neue Erkenntnisse zum Baugrund. Aus dem Erdreich im Talkessel muss sehr wahrscheinlich wesentlich mehr Wasser gepumpt werden, als zunächst berechnet worden war. Dazu braucht es neue Genehmigungen.

Schlechter Untergrund

Ganz neu sind veränderte Einschätzungen zu Bauverfahren. So sollte der riesige Nesenbach-Abwasserkanal zwischen dem Königin-Katharina-Stift an der Schillerstraße und dem Planetarium bergmännisch und unter Druckluft-Bedingungen tiefer gelegt werden. Den Auftrag hat, zusammen mit dem Rohbau des Tiefbahnhofs, die Stuttgarter Züblin AG ergattert. Ihre Experten denken über Alternativen nach. Es sei unsicher, ob der Überdruck, mit dem das Grundwasser während des Kanalbaus aus der Röhre gedrückt werden solle, „überhaupt hält, denn der Untergrund ist schlecht“, sagt Winfried Reichle von der Stuttgarter Straßenbahnen AG. Die SSB AG ist vom Bau des neuen Abwasserkanals tangiert. Sie muss ihre Haltestelle Staatsgalerie und die Tunnel, die von der Willy-Brandt- in die Schillerstraße abbiegen, über den Bahnhofstrog legen. Die neue Haltestelle war noch Ende 2010 als letzte Baumaßnahme am Bahnhofstrog geplant. Nun soll sie mit als erste begonnen werden. „Wir passen unseren Bauablauf an und werden den Umbau in Abschnitte aufteilen“, sagt Reichle. Man wolle 2013 mit der neue Haltestelle starten.

Der Tunnelabschnitt der SSB für den Abzweig in die Schillerstraße kommt dagegen aus zwei Gründen deutlich später. Erstens, weil die Bahn lange darüber nachdachte, ob der neue Nesenbach-Kanal gekürzt werden könne. Zweitens, weil das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) verfügte, dass Bäume über den neuen SSB-Tunneln im Schlossgarten erhalten werden müssen. Deshalb erörterten die SSB über Monate eine neue Lage der Tunnel. Doch die wird es nicht geben. „Wir halten an unserer genehmigten Trasse fest, werden Änderungen nicht akzeptieren“, sagt SSB-Technikvorstand Wolfgang Arnold. Noch engere Radien seien praktisch nicht fahrbar, bedeuteten extremen Verschleiß. Nun verhandelt die Bahn mit dem EBA über die Fällung der Bäume. „Wir stehen unter Zeitdruck und brauchen eine schnelle Entscheidung, weil wir Geld sparen wollen“, sagt Reichle. Zudem „soll der Zeitplan für das Gesamtprojekt gehalten werden“. Das ist fraglich, denn die Bahn könnte für die Änderungen am Abwasserkanal eine neue Genehmigung beantragen müssen.