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Bahn darf Bäume im Schlossgarten fällen - Abriss des Südflügels beginnt nächste Woche.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn macht Tempo bei Stuttgart21: Kommende Woche beginnt der Abbruch des Südflügels; die Rodung des Baufelds im Mittleren Schlossgarten wird Anfang Februar erwartet. Naturschützer wollen die erlaubten Fällungen in letzter Minute juristisch stoppen.

Der erste Bagger steht schon am Südflügel des Hautbahnhof bereit. Nach allem, was im Umfeld der Baustelle zu erfahren ist, beginnt die Deutsche Bahn am kommenden Montag mit dem Abriss des 277 Meter langen Gebäuderiegels, um somit Platz zu schaffen für den Neubau des Tiefbahnhofs von Stuttgart21. Der Abbruch des bereits entkernten Gebäudes soll sechs Wochen in Anspruch nehmen.

Zeitplan steht und fällt mit dem Grundwassermanagement

"Nach Auskunft des Eisenbahn-Bundesamts steht dem Abbruch nichts im Weg", betonte am Freitag Stuttgart-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Zum allgemeinen Stand der Bauarbeiten sagte er, dass die rund zweijährigen Vorarbeiten am Gleisvorfeld nahezu abgeschlossen seien; mit dem Bau des Technikgebäudes für die S-Bahn am Nordausgang des Hauptbahnhofs werde spätestens im April begonnen. Außerdem stünden "in den nächsten Wochen" die Vergaben der großen Bauaufträge für den Tiefbahnhof und die Tunnel in Richtung Feuerbach und Cannstatt an.

Mit diesen Vergaben sind laut Dietrich die Hälfte sämtlicher Bauaufträge von S21 und rund 90 Prozent der Tunnelbauten vergeben. Die Mehrkosten aus dem Vergabepaket liegen nach bisherigen Informationen der Bahn bei rund 240 Millionen Euro; das verbleibende Risikobudget des bis rund 4,5 Milliarden Euro finanzierten Projekts läge demnach bei 390 Millionen Euro. Dietrich betonte, dass man trotz einem Jahr Verzögerung nach wie vor eine Inbetriebnahme 2019/2020 anstrebe.

Der Zeitplan steht und fällt aber mit dem Grundwassermanagement im Mittleren Schlossgarten. Zurzeit ruhen die Arbeiten an der dortigen Anlage, nachdem der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof (VGH) im Dezember 2011 das Eisenbahn-Bundesamt für die fehlende Beteiligung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) an einer Planungsänderung kritisiert hatte. Ohne die Grundwasseranlage kann die Bahn im Talkessel keine tiefen Baugruben ausheben. Vielleicht bis Juni könnten die Auflagen des VGH erfüllt sein, sagte am Freitag vorsichtig Rechtsanwalt Josef-Walter Kirchberg, der die Bahn bei S21 vertritt.

Rodung des Parks nach dem 6. Februar

An anderer Stelle hat sich die Bahn gegen den BUND durchgesetzt: Am Donnerstag hat das Eisenbahn-Bundesamt sein im Oktober 2010 wegen natur- und artenschutzrechtlicher Mängel verfügtes generelles Verbot für Baumfällungen im Mittleren Schlossgarten aufgehoben. Dafür hat die Bahn zugesagt, 20 Bäume für den geschützen Juchtenkäfer dauerhaft zu erhalten; zwei Bäume, in denen derzeit Fledermäuse überwintern, sollen erst im Oktober fallen. Weitere Auflagen des Bundesamts will die Bahn ebenfalls erfüllen. Von den übrigen176 Bäumen, die auf dem Baufeld des Tiefbahnhofs stehen, sollen 68 verpflanzt und 108 gefällt werden.

Die Rodung des Parks, bei der sich die Polizei auf starke Proteste von S-21-Gegnern einstellt, könnte nach Informationen unserer Zeitung nach dem 6.Februar beginnen und soll - so Dietrich - bis zum Ende der Vegetationsruhe am 29.Februar abgeschlossen sein. Danach wäre eine Ausnahmegenehmigung des Eisenbahn-Bundesamts nötig.

Der BUND hat gegen die Rodung am Donnerstag einen Eilantrag beim VGH eingereicht; die Bahn hat mit einer umfänglichen Schutzschrift gekontert. Es dürfte der letzte juristische Streit um den Park sein. Bei Gericht hieß es am Freitag, man wolle erst die eigene Zuständigkeit prüfen und dann bald entscheiden. "Wir sind sehr optimistisch", sagte Kirchberg. Er warf dem BUND fehlendes "Augenmaß" vor, weil der immer noch hoffe, S21 zu verhindern. Kirchberg forderte die Naturschützer auf, mit der Bahn "besser Fach- als Gerichtsgespräche" zum Artenschutz bei S21 zu führen.