Im Fokus der medialen Aufmerksamkeit: Schlichter Heiner Geißler (CDU). Foto: dpa

Debatte im Rathaus auch samstags - Gegner blockieren Baustelle - Befürworter markieren Bäume.

Stuttgart - Befürworter und Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 sollen sich noch öfter treffen. Nur so kann der von Schlichter Heiner Geißler aufgestellte Themenkatalog abgearbeitet werden.

14 Stunden lang haben die Projektbefürworter unter der Leitung von Bahn-Vorstand Volker Kefer und das Aktionsbündnis der Stuttgart-21-Gegner bisher über das Leistungsvermögen des geplanten Durchgangsbahnhofs diskutiert.

Die letzte Klarheit hat die Debatte am Freitag nicht gebracht. Laut Landesverkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) können im neuen achtgleisigen Tiefbahnhof in der Spitze theoretisch fünf Züge mehr als bisher gefahren werden. Aus Sicht der Gegner ist die neue Infrastruktur nicht zukunftsfähig. Die 4,1 Milliarden Euro für das Gesamtsystem mit Flughafenbahnhof und Strecke von Feuerbach bis Wendlingen seien eine Fehlinvestition. Strittig ist auch, wie viele S-Bahnen bei einer Sperrung des S-Bahn-Tunnels in den neuen Tiefbahnhof fahren können. Am Donnerstag dieser Woche soll die Kapazitätsfrage erneut gestellt werden.

Außerdem stehen die Themen Neubaustrecke Wendlingen-Ulm und das Alternativkonzept eines modernisierten Kopfbahnhofs an. Man werde anhand früherer Fahrpläne nachweisen, sagt Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis, dass der Kopfbahnhof Reserven biete.

Weil man bei der Frage Leistungsfähigkeit auf der Stelle tritt und andere Themen in Verzug sind, will Heiner Geißler den Streitparteien Luft verschaffen. Er will nicht nur an den Freitagen bis zum 3. Dezember tagen. Geißler hat Räume im Rathaus auch für die Samstage am 20. und 27. November von 9bis 14 Uhr gebucht. So soll Zeit sein für die Kosten- und Wirtschaftlichkeitsrechnung, die Geologie, Sicherheit und den Bauablauf sowie Ökologie und städtebauliche Entwicklung bei Stuttgart 21. "Wir werden die Treffen im Rathaus möglich machen und andere Veranstaltungen verlegen", sagt Stadtsprecher Markus Vogt.

Der 80-jährige, frühere CDU-Generalsekretär Geißler moderiert nicht nur das Gespräch der Streitparteien. Am heutigen Mittwoch nimmt er um 13 Uhr mit einer Abordnung der Gegner auch den Südflügel des alten Bahnhofs in Augenschein. Der Termin wurde extra verlegt, weil sich Geißler ein eigenes Bild machen will.

Die Bahn will zeigen, dass sie nicht weiter abreißt, sondern Sicherungsmaßnahmen an dem Gebäudeteil vornimmt. Die Gegner hatten am Freitag behauptet, dass die Bahn die vereinbarte Friedenspflicht missachte.

Rund 125 Projektgegner haben am Dienstag zwischen 8 und 10.30 Uhr die Zufahrt zur Stuttgart-21-Baustelle im Schlossgarten blockiert. Dort sollen bis Donnerstag vorbereitende Arbeiten zum Aufbau einer Grundwasser-Reinigungsanlage abgeschlossen werden. Wegen der Blockade konnten laut Polizei drei Baufahrzeuge zunächst nicht auf das Gelände. Insgesamt mussten 57 Menschen von der Polizei weggetragen werden, unter ihnen zwei Jugendliche. Alle erhalten einen Platzverweis und werden angezeigt. Außerdem will die Polizei ihnen die durch die Blockadeaktion entstandenen Einsatzkosten in Rechnung gestellt.

Die Parkschützer, die dem Aktionsbündnis der Gegner angehören, aber nicht an den Schlichtungsgesprächen teilnehmen, verteidigten die Aktion. Die Folgen der für den Bau des Tiefbahnhofs vorgesehenen Grundwasser-Absenkung seien unkalkulierbar, so Ursel Beck vom Blockadeteam.

Befürworter von Stuttgart 21 haben im Schlossgarten rund 350 Bäume markiert, die aus ihrer Sicht beim Erhalt und Ausbau des Kopfbahnhofs für neue Gleise gefällt werden müssen. Dies sei den Gegnern nicht bewusst, sagt der Sprecher der S-21-Interessengemeinschaft, Gerald Holler.