Die Kosten für Stuttgart 21 laufen aus dem Ruder – Land und Stadt werden sich nach Meinung von Rechtsexperten nicht um eine Beteiligung drücken können Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Stuttgart 21 könnte für Stadt und Land viel teurer werden als gedacht. Vor Gericht haben die Projektpartner schlechte Karten – sie müssen deshalb genau überlegen, wie der Schaden für den Steuerzahler am geringsten ist.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn baut einen Bahnhof. Mit viel Tunnels und Geleisen und bisher ohne Eisenbahnverkehr, doch der soll ja noch kommen. Aber sie macht das nicht allein. In einem Finanzierungsvertrag genannten Abkommen erklären Land, Stadt, die Flughafengesellschaft und der Verband Region Stuttgart das gemeinsame Interesse an dem schönen neuen Bahnhof. Und sie untermauern das Ganze mit genau geregelten finanziellen Beiträgen. Ja, sie bauen sogar noch einen Risikotopf ein, falls der schöne neue Bahnhof doch ein bisschen teurer wird als gedacht. Auch dafür sind die Anteile präzise benannt. Weitere Mehrkosten sind nicht mehr explizit aufgeteilt – aber dummerweise aufgetreten. Bisher zwei Milliarden Euro.

Der Laie könnte jetzt sagen: Es klingt logisch, dass alle Projektpartner, die den Bahnhof wollten und ihn bis dahin gemeinsam bezahlt haben, auch für diese zusätzliche Summe gemeinsam einstehen. Das aber sehen die Partner der Bahn vollkommen anders. Bis hierher und nicht weiter, zahlt euren Bahnhof doch allein, rufen sie wie aus einem Mund. Das ist verständlich, wirkt aber wacklig.

Nun ist man vor Gericht und auf hoher See bekanntlich allein in Gottes Hand, alles kann passieren. Allerdings sehen Fachleute die Sache jetzt wie der Laie: Wer gemeinsam baut, muss aller Voraussicht nach auch gemeinsam bezahlen – bis zum bitteren Ende. Stadt und Land bewegen sich deshalb auf dünnem Eis, wenn sie weiter darauf beharren, all das gehe sie nichts an. Wenn die Gerichte tatsächlich entscheiden müssen, spricht einiges dafür, dass Hunderte Millionen Euro gewaltige Löcher in die öffentlichen Haushalte reißen. Die Projektpartner müssen deshalb genau abwägen, wie dem Steuerzahler der geringste Schaden entsteht für den schönen neuen Bahnhof.

juergen.bock@stuttgarter-nachrichten.de