Gunter Demnig verlegt einen Stolperstein an der Schmidener Straße. Foto: Annina Baur

In Bad Cannstatt ist ein weiterer Stolperstein verlegt worden. Das kleine, goldene Mahnmal erinnert an der Schmidener Straße an Berta Grau, die Opfer der NS-Euthanasie geworden ist.

Bad Cannstatt - Es war ein unscheinbares Leben, das nur wenige Spuren hinterlassen hat: Berta Grau kam in Bad Cannstatt als Tochter eines Kesselschmieds zur Welt, wurde mit vier Jahren Halbwaise und wuchs mit Vater, Stiefmutter, zwei Schwestern und zwei Halbschwestern auf. Die Schule meisterte sie leicht, später arbeitete sie als Arbeiterin in Fabriken und als Hausmädchen, wo sie ebenfalls gute Zeugnisse bekam. Mit 23 Jahren heiratete Berta Grau einen Zimmermann, kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes wird sie psychisch schwer krank. Mehrfach wird sie ins Bürgerhospital eingewiesen und wieder entlassen und schließlich in die Anstalt Markgröningen aufgenommen.

„Mehr Informationen gibt die Krankenakte nicht her“, sagte Rainer Redies von der Stolpersteininitiative Bad Cannstatt bei der Verlegung eines weiteren goldenen Steins an der Schmidener Straße in dieser Woche vor dem einstigen Wohnhaus von Berta Grau. Eines aber sei gewiss: „Die Akte schließt mit dem Vermerk verlegt, was als sicherer Hinweis auf ihre Ermordung im Konzentrationslager Grafeneck gedeutet werden kann.“

Erinnern als Beschäftigung mit der Vergangenheit

Nachdem der Künstler Gunter Demnig den neuen Stolperstein in der Schmidener Vorstadt im Gehweg versenkt hatte, sagte Redies: „Berta Grau gehört zu den 34 bisher bekannten Euthanasie-Opfern aus Bad Cannstatt.“ Etwas, was er nicht für möglich gehalten habe, als die Stolpersteininitiative vor zehn Jahren ihre Erinnerungsarbeit begonnen habe, sei nun gewiss: „Im Stadtbezirk sind vermutlich mehr Menschen durch die NS-Euthanasie zu Tode gekommen als jüdische Bürger.“ Dies solle jedoch mitnichten die Shoa relativieren: „Es zeigt lediglich, wie viele Menschen verschwinden und dem Vergessen anheim fallen können, zumal wenn sie zu einer randständigen Gruppe der Gesellschaft gehören.“

Auch wenn das Bild von Berta Grau vage bleibt, findet Redies es wichtig, gerade auch an solche Schicksale mit Stolpersteinen zu erinnern: „Erinnern sollte auch als rückblickende Beschäftigung mit der Vergangenheit angesehen werden.“ Dann könnten Konsequenzen aus dem Erinnern eine Kultur machen, die entschlossen allen Tendenzen entgegen trete, die sich über die Menschenwürde hinwegsetzten.