Die Moschee auf dem Ditib-Gelände in Stuttgart-Feuerbach   Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Bedeutet Religionsfreiheit nicht auch die Freiheit auf ein schmuckes Gotteshaus? Die islamische Religionsgemeinschaft Ditib sorgt in Stuttgart mit Plänen für eine repräsentative Moschee für Diskussionsstoff.

Stuttgart - „Der Islam gehört zu Baden-Württemberg.“ Selten hat ein Satz eines Ministerpräsidenten im Land für so viel Aufregung gesorgt wie jener von Winfried Kretschmann. Dabei hat der erste Grünen-Ministerpräsident nur eine Aussage regionalisiert, die zuerst Altbundespräsident Christian Wulff für ganz Deutschland getroffen und die Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) nach den islamistischen Terroranschlägen in Paris mehrfach wiederholt hatte. In Stuttgart ist jeder zehnte Einwohner ein Muslim. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis die Forderung nach einer repräsentativen Moschee laut wurde.

Bisher gibt es in Stuttgart – anders als in anderen Großstädten und auch in Mittelstädten der Region – keine nach außen sichtbare Moschee. Die Gebetsräume der rund 30 islamischen Gemeinden befinden sich zumeist in ehemaligen Gewerbebauten am Rand von Stadtbezirken in unwirtlichen Lagen. Nur die Mesdschid-Saheabe-Moschee in Botnang gilt als salafistisch, drei weitere Moschee-Gemeinden werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) zählt nicht dazu. Ditib in Stuttgart-Feuerbach hat als erster muslimischer Verein die Initiative zum Bau einer repräsentativen Moschee ergriffen und den Dialog mit der Stadtverwaltung gesucht.

Insgesamt verfügt der Stuttgarter Ditib- Verein an der Mauserstraße über eine Fläche von rund 8500 Quadratmetern. Darauf befinden sich auch das zweigeschossige Vereinsgebäude, ein Lokal, Freizeiträume – und Gebetsräume. Die bieten zwar 1200 Muslimen Platz. Von außen ist jedoch nicht zu erkennen, dass sich in dem ehemaligen Industriegebäude eine islamische Glaubensstätte befindet. Das soll sich ändern: Die Pläne für den Bau einer repräsentativen Moschee auf dem Areal sind bereits weit gediehen. Auch wenn Vereinsvorstand Ismail Cakir betont, dass die Computerdarstellung, wie das Vereinsgelände mit einer schmucken Moschee einmal aussehen könnte, nur eine erste Überlegung und noch längst kein genehmigungsfähiger Plan sei.

Vorgesehen ist, dass der islamische Verein die alten Gebäude zum Teil abreißt und in einem ersten Bauabschnitt eine sichtbare Moschee mit 1500 Plätzen auf einer Fläche von rund 3000 Quadratmetern erstellt. Die Kosten schätzt Bahattin Akyildiz, der stellvertretende Vorsitzende, auf gut sechs Millionen Euro. Das Geld könne der 450 Mitglieder zählende Verein aus eigenen Mitteln aufbringen. „In zwei, drei Jahren könnte die Moschee fertig sein“, sagt Akyildiz. In einem zweiten Schritt soll auch der Bereich mit dem Vereinsgebäude neu gebaut und aufgewertet werden.

Erst aus unserer Zeitung erfuhren Cakir und Akyildiz, dass der Ditib-Landesverband offenbar unabhängig von dem Vorhaben in Feuerbach auf eine repräsentative Moschee in der Nähe des Stadtzentrums in sechs bis acht Jahren hofft. Das sorgte für Irritationen, die auf dem Podium bei unserer „Mittendrin“-Veranstaltung in der Mauserstraße nicht ganz aus der Welt geschafft werden konnten. Schließlich hatte die Stadt im Dialog mit dem Ditib-Landesverband bereits bis zu fünf mögliche Standorte in Zentrumsnähe ins Auge gefasst.

Das Beispiel dieses Verbands zeigt, wie heterogen der Islam auch in Stuttgart organisiert ist: Es gibt vier muslimische Verbände auf Landesebene; die 30 islamischen Gemeinden in Stuttgart unterteilen sich nicht nur nach Glaubensrichtung in Sunniten (80 Prozent), Aleviten (15 Prozent) und Schiiten (fünf Prozent), sondern auch nach Herkunftsländern und Sprache. Dass Ditib-Imame von der türkischen Regierung eingesetzt werden, irritiert wiederum Muslime anderer Vereine mit anderen nationalen Wurzeln und anderen islamischen Glaubensausrichtungen.

Wer baut also wo eine Moschee für wen? Was und in welcher Sprache predigt der Imam? Auch in einzelnen islamischen Vereinen wird der Ruf lauter, dass in der Moschee auf Deutsch gepredigt wird: Viele Kinder und Kindeskinder der ersten Einwanderergeneration sprechen inzwischen besser Schwäbisch als die Sprache ihrer Eltern.