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Öko-Bilanz der Stadwerke Thema – Stadtwerke wegen Wassers in Verhandlungen mit der EnBW.

Stuttgart - Ein Jahr nach der Atomkatastrophe in Fukushima luden die Degerlocher Grünen zum Thema Energiewende in die Alte Scheuer ein. Im Zentrum: Die Öko-Bilanz der Stadtwerke Stuttgart.

Die Stadt Stuttgart will mit ihren 2011 gegründeten Stadtwerken die Energiewende in der Landeshauptstadt vorantreiben und dabei vor allem auf erneuerbare Energien setzen. Kompromisse soll es nur auf dem Gebiet der Kraft-Wärme-Kopplung geben. Durch die Sachlichkeit der Experten Finanzbürgermeister Michael Föll, Peter Pätzold, Fraktionschef der Grünen im Gemeinderat, Steffen Ringwald, Leiter der EnBW Regional AG, und Michael Fuchs vom Verein Kommunale Stadtwerke geriet am Samstag die Podiumsdiskussion darüber zur mit Applaus bedachten Informationsveranstaltung. Die zentrale Rolle übernahm dabei Michael Föll als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke, die auf die drei Säulen Erzeugung erneuerbarer Energie, Vertrieb von Ökostrom und Öko-Gas und Betrieb der Netze in eigener Verantwortung setzt.

Vor allem für den Betrieb der Netze in Verantwortung der Stadtwerke gibt es gegenwärtig viel zu tun: Ende 2013 laufen die Konzessionen für Strom und Wasser mit dem Energieversorger EnBW aus. „Die Stadt will nicht als Erfüllungsgehilfe von Netzbetreibern handeln, denn sie will ihre eigene Leitungsinfrastruktur planen und ausbauen“, sagte Föll. Für die dafür notwendige Netzgesellschaft Stuttgart werde bald das Konzessionsverfahren anlaufen. Die Kriterien dafür seien teils von der Europäischen Union (EU) vorgegeben, sie müssten diskriminierungsfrei sein und würden von der Verwaltung erarbeitet und vom Gemeinderat beschlossen.

Ende 2012 müsse das Verfahren abgeschlossen sein, denn man brauche ein Jahr Arbeit, um die Änderung auf 1. Januar 2014 sicherzustellen. „Wir überlegen, ob wir für die Netze nicht einen Partner ins Boot holen. Wenn ja, dann aber nur so, dass die Stadtwerke die Mehrheit und die Stadt damit den Einfluss auf die Netzinfrastruktur behält“, sagte Föll. Auch der Vertrieb von Strom und Gas soll unter der Marke der Stadtwerke laufen. Föll: „Dazu brauchen wir einen Partner mit Kompetenz und Glaubwürdigkeit, der ausschließlich Ökostrom und anfangs bei der Gasversorgung zehn Prozent Biogas verteilt.“ Dafür habe man die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) gefunden. Geboten werde mit dem Ökostrom „ein Premiumprodukt erster Zertifizierung“, um, so das ehrgeizige Ziel, bis 2020 alle Stuttgarter Haushalte mit Strom aus erneuerbaren Energien, etwa aus Fotovoltaik-Anlagen, Biogas und Windkraft zu versorgen. Weil Windkraft in Stuttgart eine untergeordnete Rolle spiele, werde geprüft, inwieweit man sich an Windparks außerhalb der Landeshauptstadt beteilige.

Um die Bürger schneller mit ins Boot zu nehmen, denke man an eine Bürgerbeteiligungsgenossenschaft durch die sich Privatleute am Geschäftsfeld erneuerbare Energien beteiligen könnten.

Groß einsteigen in die dezentrale Energieerzeugung wollen die Stadtwerke auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt. Dort soll ein gemischtes Baugebiet für Dienstleister und Wohnungen entstehen. Für dieses Gebiet, so Föll, wollen die Stadtwerke „ein Nahwärmenetz bauen, das mit Wärmetauschern Energie aus dem Abwasser gewinnt“.

Ihre Wasserversorgung wird die Stadt einem Eigenbetrieb überantworten und strebt dafür die Mitgliedschaft und die Bezugsrechte in den Fernwasserverbänden an, weil sie auch hier die Hoheit über die Netze will. Dabei sei die Landeshauptstadt noch im Gespräch mit der EnBW, der die Stadt 2002 die TWS verkauft hatte. „Die EnBW wirbt damit, Partnerin der Kommunen zu sein, aber wir kommen nur in Tippelschritten voran.“ Gestritten wird über den Preis. Die Stadt will lediglich den Ertragswert zahlen, die EnBW, so Ringwald, fordert den höheren Sachzeitwert. Wie hoch die Preisdifferenz ist, lässt sich noch nicht sagen. Föll: „Daran arbeiten noch die Wirtschaftsprüfer.“