Fußgängerzählungen sind auch für den Einzelhandel oder Gastronomen interessant. Foto: red

Der Stuttgarter Westen will Fußgänger freundlicher werden. Ein Teil des Vorhabens sind Messungen der Universität Stuttgart, die zeigen, welche Strecken Passanten meiden und wo Anziehungspunkte sind.

S-West - Fußgänger machen ein Drittel der Verkehrsteilnehmer aus, doch an mancher Kreuzung haben sie eher den Status einer bedrohten Art als eines gleichberechtigten Partners. Deshalb wurden im Westen im vergangenen Sommer die Fußgängerströme gemessen. Die Daten lassen Rückschlüsse auf Lebensgewohnheiten, auf beliebte und unbeliebte Fußwege, auf besondere Attraktionen oder auf das Gegenteil zu. „Es sind Zahlen zum Weiterdenken“, fasste der Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle die Ergebnisse einer Studie zusammen, die kürzlich Manfred Wacker vom Institut für Straßen-und Verkehrswesen der Universität Stuttgart im Bezirksbeirat vorstellte.

Die Messungen der Fußgängerströme gehören zu einem Projekt der Stadt Stuttgart und Wackers Institut, das den Titel „Besser zu Fuß unterwegs“ trägt und in dessen Verlauf auch neue Formen der Bürgebeteiligung erprobt werden sollen. Gefördert wird es vom Bund. Unter einem Dach arbeiten in dem Projekt „Zukunftswerkstadt“ Wissenschaftler wie Wacker und Kommunen gemeinsam an der Entwicklung einer fußgängerfreundlichen Stadt (wir berichteten). Im Westen sollen die Ergebnisse zur Verbesserung des Fußwegeplans ihre praktische Anwendung finden, kündigte Möhrle an.

Messungen mittels Infrarotstrahlen

Gemessen wurden die Fußgängerströme mittels kleiner, unauffälliger Kästchen. „Zum Beispiel an einem Laternenmast können wir so eines anbringen.“ Bewegungen werden durch einen Infrarotstrahl registriert. „Allerdings zählt das Gerät auch einen Radfahrer, der auf dem Gehweg fährt und wenn zwei Menschen zusammen vorbeigehen, wird nur einer gezählt“, erklärt Wacker die Ungenauigkeiten der Methode.

Auf der Königstraße etwa in Höhe des Buchhauses Wittwer lösen die Passanten seit einem Jahr das Infrarotsignal aus und tragen so allein durch ihre Anwesenheit zur Fußgängerstatistik der Stadt bei. Im Westen wurde im vergangenen Jahr vom 17. bis 26. Juli jeweils eine Woche lang an drei Stellen gemessen: An der Schwabstraße 83 bei der Elisabethenanlage, an der Ecke Schwabstraße/Gutenbergstraße sowie an der Schlossstraße, Ecke Senefelderstraße.

Die meisten Fußgänger werden auf dem Wochenmarkt gezählt

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die höchste Fußgängerdichte im Westen in der Nähe der Elisabethenkirche samstags zwischen zehn und 14 Uhr liegt – zu diesem Zeitpunkt ist an den anderen Messpunkten fast nichts los. Der Grund ist der kleine Wochenmarkt am Samstag, der offensichtlich ein Anziehungspunkt ist. An der Ecke zur Gutenbergstraße wurden insgesamt mehr Passanten gezählt. „Das Niveau war hier höher, aber sonst zeigte dieser Messpunkt ein ähnliches Bild“, erklärt Wacker. Auch hier entwickelte sich ein deutlicher Rückgang der Fußgängerzahl nach 18 Uhr. Sonntags waren ein beiden Stellen nur wenige Menschen zu Fuß unterwegs.

Die Werte, die die Forscher hingegen in der Ecke Schlossstraße/Senefelder Straße ermittelt haben unterscheiden sich von denen der anderen Messpunkte erheblich. In der Schloss-Straße waren auch an den Werktagen nur zwischen 60 und 70 Fußgänger anzutreffen. An der Schwabstraße 83 waren es abends nach 18 Uhr noch 90. Samstag und Sonntag sind praktisch gleich – kaum jemand ist unterwegs. Fazit: Dieser Bereich ist unattraktiv.

Zahlen sind nützlich für Außengastronomie

Nützlich können die Daten zum Beispiel sein, wenn es um die Ansiedlung von Außengastronomie geht, erklärt Wacker. „Wenn die Zahl um 18 Uhr schlagartig runter geht, zeigt dies, dass abends hier nichts los ist“, interpretiert der Verkehrsforscher. Einer seiner Studenten befasst sich in seiner Abschlussarbeit mit der Frage, ob das Fußwegenetz im Westen noch zeitgemäß und wo es verbesserungsbedürftig ist. In diese Arbeit werden die jüngsten Messungen von Wacker einfließen. Möhrle will den Studenten einladen, damit er seine Ergebnisse im Bezirksbeirat präsentieren kann.