Das Stadtparlament hat am Freitag den Doppelhaushalt 2018/2019 diskutiert. Auf der Beratungsliste standen 700 Punkte. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

CDU und Grüne haben bei den Beratungen zum Doppelhaushalt nicht auf ihre Alleinherrschaft gepocht. Die gute Finanzlage hat die Debatte um den Etat 2018/2019 deutlich entspannt.

Stuttgart - Nahezu schuldenfrei, mit diesem Bonus starte die Landeshauptstadt in eine Phase der Sanierungen und Investitionen in Schulen, Schwimmbäder, Sportanlagen und Straßen, sagte CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Auch die Bezirke würden mit einem größeren eigenen Budget gestärkt. Die CDU habe in den Beratungen zum Haushalt „kaufmännische Weitsicht“ gezeigt, der Gemeinderat „sehr viele Gemeinsamkeiten“ in den Themen gefunden. Nur 172 Anträge seien in den vorangegangenen Lesungen abgelehnt worden. Stolz ist Kotz darauf, dass 2019 endlich die „CDU-Innovation der intelligenten Grundsteuer“ greift: Bürger und Firmen werden dann um 30 Millionen Euro entlastet – so lange, bis die Stadt neue Schulden aufnimmt.

„Guter Tag für Familien und Kinder“

Der Grünen-Sprecher Andreas Winter nahm eine „besondere Atmosphäre der sachlichen Auseinandersetzung“ wahr. Ende 2015 war das anders, die Atmosphäre war vergiftet, weil CDU und Grüne als Koalition den Haushalt dominiert hatten – und letztlich mit ihrer knappen Mehrheit allein verabschiedeten. „Es ist ein Haushalt der Fülle“, so Winter zu dem 7,2 Milliarden Euro umfassenden Etat, in dem er viele Grüne Ideen und daher einen Bewusstseinswandel erkenne. „Keine Fraktion hat allein die Mehrheit, die Welt nach ihrem Gusto zu verändern, das ist vielleicht gut so“, philosophierte Winter.

„Das ist ein guter Tag für die Stadt, für Familien mit Kindern, die werden heute finanziell entlastet“, sagte SPD-Fraktionschef Martin Körner. Der Haushalt trage eine „starke sozialdemokratische Handschrift“. Körner lobte die politische Kultur, Kompromisse hätten nichts mit einem „Deal“ gemein. Von OB Fritz Kuhn erwarte die SDP klarere Aussagen zu den Zielen der Stadt. Mit der absehbaren Grundsteuersenkung erhielten Firmen wie Daimler mit Milliardenüberschüssen einige Millionen aus der Stadtkasse zurück, was von den Sozialdemokraten abgelehnt werde. Die Grundsteuer solle nicht im jährlichen Wechsel steigen und fallen.

„Haushalt der Wohltaten“

Trotz voller Kasse gebe der Haushalt „in existenziellen Fragen keine Antworten“, zum Beispiel beim Thema Verkehr oder der Belastung der Beschäftigten an der Basis, monierte Thomas Adler für die Fraktion SÖS/Linke-plus. Es gebe zu wenige neue Stellen und keine Wende in der Bodenvorratspolitik. „Wir sind von einem Kurswechsel weit entfernt“, sagte Thomas Adler, eben habe die Stadt wieder Grundstücke auf dem Schoch-Areal in Feuerbach und im Neckarpark verkauft. Die Stadt benötige dramatisch mehr öffentlichen Nahverkehr, um die Probleme des Autoverkehrs zu bewältigen. Das „Desaster-Projekt“ Stuttgart 21 sorge statt Entspannung für Verschärfung. Der Gemeinderat verabschiede einen „Haushalt der Wohltaten“, sagte Rose von Stein für die Freien Wähler. Die Verwaltung habe erstmals in ihrem Entwurf viele Punkte berücksichtigt, auch die Verstärkung der Stadtreinigung, was ihre Fraktion ausdrücklich begrüße. Die Grundsteuersenkung sieht von Stein kritisch. Eine dauerhafte, moderate Reduzierung sei besser als ein womöglich jährlicher Wechsel je nach Kreditaufnahme.

„Stadtteilzentren gestärkt“

Die Entwicklung der Stadtteilzentren sieht AfD-Sprecher Bernd Klingler gestärkt. Sechs Bezirke erhalten je 600 000 Euro. Anträge auf mehr Straßensanierungen, die komplette Rücknahme der Grundsteuererhöhung aus dem Jahr 2009 und der Umbau aller Tennen- in Kunstrasenplätze habe der Gemeinderat der AfD verweigert. Dennoch sei die Atmosphäre unter den Fraktionen gut. Im zweiten Anlauf gebe es Geld für das Planetarium, was die FDP freue, sagte Sibel Yüksel. Kern- und Pflichtaufgaben hätten in den letzten Jahren bei der Stadt gelitten, weil Personal fehlte. Nun gebe es mehr Stellen, aber immer noch nicht so viel, wie von den Amtsleitern für den Haushalt angemeldet worden seien. Die FDP hatte deren Forderung übernommen. „Vor zwei Jahren hat uns schwarz-grün abgebügelt, nun finden wir uns wieder und werden zustimmen können“, so Yüksel.

Die Finanzlage sei rosig, die Stadtisten hätten eine „stattliche Anzahl von Ideen platzieren können“, auch wenn 26 Anträge abgelehnt worden seien, sagte Einzelstadtrat Ralph Schertlen.