Das Defizit steigt bei der SSB und dem städtischen Klinikum: bis im Jahr 2030 auf 45 bis 75 Millionen Euro Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Stuttgart ist vergleichsweise wohlhabend. Aber die Stadt muss aufpassen, dass sie ihren Wohlstand nicht aufs Spiel setzt. Die Betriebsdefizite und Investitionen der Stuttgarter Straßenbahnen AG und des Klinikums werden zunehmend zur Bedrohung für die Stadtkasse.

Stuttgart - Die Sorgen im Stuttgarter Rathaus über die absehbare Finanzentwicklung in den nächsten Jahren nehmen zu. Im Krankenhausausschuss des Gemeinderats und im Aufsichtsrat der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) spielte das in den vergangenen Tagen hinter verschlossenen Türen eine große Rolle. Die Ausgaben für das Klinikum und für die Verkehrsbetriebe drohen in den nächsten Jahren teilweise drastisch zu steigen. Das hat mit den von Bund und Land gesetzten Rahmenbedingungen zu tun.

Die Lage bei der SSB

Weil die Verkehrsbetriebe für den Ersatz von Fahrzeugen und die Erneuerung von technischen Anlagen keine oder nur noch wenig Zuschüsse erhalten, haben sich die Finanzen der SSB schon länger verschlechtert. Jetzt, sagte Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) auf Anfrage, könne man die Probleme mit Zahlen unterlegen. Von 2018 an baue sich das Defizit der SSB weiter auf. Im Zeitraum bis 2030 könnte es, je nach Szenario, die Größenordnung von jährlich 45 bis 75 Millionen Euro erreichen. Im Moment erstattet die Stadt nur bis zu 25 Millionen.

Da die SSB noch Tafelsilber in Form von einigen Grundstücken verkaufte, musste sie die Grenzen nicht immer ganz ausloten. Doch das Tafelsilber geht zur Neige. Und im Falle von ungebremsten Investitionen auf Pump würde die SSB bis 2030 bis zu 900 Millionen Euro Schulden anhäufen, ohne dass sie Chancen hätte, davon jemals wieder was zu tilgen. Zum Vergleich: Ende 2014 war mittelfristig noch eine Verschuldung von 340 Millionen vorhergesagt. Deshalb wurde jetzt die Notbremse gezogen.

Für die Ersatzbeschaffung von Fahrzeugen und die Verlängerung der Stadtbahnstrecken U 12 und U 6 hat die SSB zwar schon Ausgaben oder die Vorfinanzierung des Streckenbaus beschlossen; weitere Investitionsentscheidungen mit hohen Folgekosten soll es vorerst aber nicht mehr geben. Das betreffe beispielsweise die Neubeschaffung von Fahrzeugen für die Zahnradbahn, sagt Föll. Komme es nicht wieder zu einer Förderung der SSB-Investitionen, „dann lassen Bund und Land den öffentlichen Nahverkehr in Stuttgart gegen die Wand fahren“, warnt er. Das gilt zwar nicht für die S-Bahn, deren Finanzierung anders ist, aber für die Stadtbahn- und Busverkehre.

Dafür, dass wieder Zuschüsse fließen, will sich die Stadt bei Bund und Land einsetzen. Daneben hofft man auch, dass die kommunalen Spitzenverbände etwas ausrichten. Föll will aber auch die Messlatte für das SSB-Management höher legen. Intern müsse man Abläufe und Effizienz verbessern.

Die Lage beim Klinikum

Da wurde am vergangenen Freitag auch die Notbremse gezogen. Eigentlich sollte der Krankenhausausschuss die Beratungen über den rund 105 Millionen Euro teuren Bau des geplanten Hauses F an der Kriegsbergstraße einleiten, das einmal Betten des Bürgerhospitals und die Strahlentherapie des Katharinenhospitals aus der Modulklinik ersetzen soll. Das Gremium stellte das Signal aber nicht auf Grün. Grund: Die Erneuerung des Klinikums droht aus dem Ruder zu laufen. Die 818 Millionen Euro, die vor rund zehn Jahren bei der Verabschiedung des Rahmenplans vorhergesagt wurden, sind längst überschritten.

Das liegt an Baupreissteigerungen, aber auch an Abweichungen vom Rahmenplan. Nach der Verlegung von Frauenklinik und Olgahospital zum Standort Kriegsbergstraße mussten die Kosten bereits nach oben korrigiert werden. Jetzt ist von weiteren 67 Millionen Euro die Rede. Gegenüber der alten Kostenschätzung seien nun Mehrkosten von über 300 Millionen Euro absehbar, soll Föll gewarnt haben. Zudem ist das jährliche Defizit des Klinikums im Steigen begriffen.

Statt 17 Millionen im Vorjahr könnten es in diesem Jahr schon 24 Millionen Euro sein. In dieser Lage will man nicht nur über die strategische Ausrichtung des Klinikums noch einmal nachdenken. Es kommt auch das restliche Neubauprogramm auf den Prüfstand. In den nächsten Wochen soll geklärt werden, ob die Sanierung von Klinikumsaltbauten nicht doch kostengünstiger wäre als der Neubau.

Der Ausschuss gab auch in anderer Hinsicht ein Signal: Bei der Bemessung der erfolgsabhängigen Vergütung für Klinikumsdirektor Ralf-Michael Schmitz hat man die Ansprüche in zwei Punkten etwas erhöht.