Keine Beratung, kein Verkauf: Die SSB-Kundencenter sind geschlossen. Foto: PPfotodesign.com

Bus und Stadtbahn fahren wieder - jetzt werden keine Fahrkarten verkauft und kontrolliert.

Stuttgart - Die Fronten im Arbeitskampf der SSB-Mitarbeiter sind verhärtet. Nach dem halbtägigen Streik der Bus- und Stadtbahnfahrer am Donnerstag soll nun die Fahrkarte zum Druckmittel werden. Kontrolleure streiken, Automaten werden nicht betreut - vorerst bis Sonntag.

Wer für eine Stadtbahnfahrt eine Fahrkarte lösen will oder eine neue Monats- oder Jahresmarke braucht, kann in nächster Zeit auf Schwierigkeiten stoßen. Denn im Tarifkonflikt des kommunalen Nahverkehrs will die Gewerkschaft Verdi die Arbeitgeber auf der Einnahmeseite treffen. Die Kundencenter in der Klett-Passage, am Rotebühl- und Charlottenplatz sind auf unbefristete Zeit geschlossen. Vorerst bis Sonntag, 24 Uhr, streiken auch die Mitarbeiter der Automatendienste und der Zentrale Servicedienst - zu dem auch die Kontrolleure gehören.

Für Kunden heißt dies: Fahrkarten sind möglicherweise nicht mehr zu lösen, wenn die Automaten ausfallen. Bis Sonntag Mitternacht macht dies nichts, denn die Kontrolleure arbeiten ebenfalls nicht. Wer von Montag an kein Ticket lösen kann, weil der Automat nicht funktioniert, dürfe ohne Bedenken mitfahren, sagt SSB-Betriebsratsvorsitzender Klaus Felsmann: "Der Stadtbahn-Fahrgast muss einem Kontrolleur dann sagen, wo er eingestiegen ist." Im Bus sieht alles anders aus: Der Fahrer kontrolliert und verkauft Tickets beim Einsteigen.

Durch den Ausfall der Servicecenter gibt es Verzögerungen im Abo-Verkauf. Auch hier sei alles geregelt. "Man kann die alte Fahrkarte benutzen, bis man die neue hat", erklärt Felsmann. Die unübersichtliche Fahrkartensituation hat freilich schon jetzt dazu geführt, dass in einschlägigen Internetforen zum vermehrten Schwarzfahren aufgerufen wird.

Fronten sind verhärtet

Weitere Arbeitsniederlegungen der Fahrer sind nicht auszuschließen. Denn bisher wird vom Kommunalen Arbeitgeberverband unter anderem eine Kernforderung abgelehnt: die Abkoppelung der Beschäftigten im Nahverkehr vom bundesweit geltenden Tarif des öffentlichen Dienstes. Verdi will Tarifverhandlungen auf Landesebene führen. Auch in diesem Punkt, so Felsmann, wolle die Gewerkschaft hart bleiben: "Es geht uns diesmal nicht ums Geld, sondern um die Rahmenbedingungen."

Vor allem die Fahrer müssten entlastet werden. Der ganztägige Vordereinstieg belaste sehr, selbst zum Toilettengang bliebe kaum Zeit. 1986/87 habe die Berufsgenossenschaft die Mitarbeiter auf Fahr- und Schichttauglichkeit untersucht: "Im Durchschnitt hörte ihre Eignung nach 22 Dienstjahren auf. Mit der höheren Verkehrsdichte und der höheren Produktivität im Fahrdienst mit durchschnittlich 20 Tagen Mehrarbeit ist die heutige Situation alles andere als besser", so Felsmann. Eine neue Untersuchung sei deshalb in Vorbereitung.

Im morgendlichen Berufsverkehr waren die Auswirkungen des Streiks nicht ganz so gravierend wie in der Woche davor. Der längste Stau auf der Autobahn bildete sich nach einem Unfall auf der A8 zwischen Rutesheim und dem Kreuz Stuttgart mit 16 Kilometer Länge. Weitere Staus gab es auf der B10 zwischen Hedelfingen und Bad Cannstatt sowie auf der B27 zwischen Aichtal und Leinfelden-Stetten mit je sechs Kilometern. Gedulden mussten sich Autofahrer auch auf der B295 bei Feuerbach - in fünf Kilometer langen Blechkolonnen. Schrittgeschwindigkeit herrschte auf der Neuen Weinsteige und der Heilbronner Straße zwischen Pragsattel und Hauptbahnhof.