So stellte sich der Maler Hieronymus Bosch (1450–1516) die sieben Todsünden (großer Kreis) und die vier letzten Dingen (kleine Eckbilder) vor. „Luxeria“ – die Wollust – ist im großen Kreis ganz rechts dargestellt. Foto: Wikipedia commons/www.museodelprado.es

Anglizismen und Bürokraten-Deutsch, Mode-Floskeln und aussterbende Begriffe – in unserer Sprach-Glosse hören wir genau hin. Wie die Menschen so reden, was sie sagen, wie sie’s meinen. Heute unter der Lupe: „Wollust“.

Stuttgart - „Alles, was an sich Wollust ist, wäre es auch nur die Belustigung in einem unreinen Gedanken, ist Todsünde“, heißt es in einem katholischen „Lehrbuch der Religion“ von 1857. Sieben an der Zahl sind es, welche die „die Liebe im Herzen des Menschen durch einen schweren Verstoß gegen das Gesetz Gottes“ zerstören („Katechismus der Katholischen Kirche“, 1997).

Wollust und Todsünde

Die fleischliche Begierde, Geilheit und Lust aufs rein Körperliche ist besonders heimtückisch. Denn bei der Wollust übernimmt die Physis komplett das Kommando und verdrängt den Geist ins Hinterstübchen. Gar so frevlerisch ist die „Luxuria“ (der kirchenlateinische Begriff für Wollust) nach kirchlicher Sexualmoral, dass aus ihr ein ganzer Reigen an Sünden entsteht.

Was so weit von Gottes Wegen wegführt, kann nur eine List des Teufels sein. Weshalb auch bis in die frühe Neuzeit der Anklagepunkt der Wollust zu den vernichtendsten in Prozessen gegen Hexen und Ketzer gehörte.

„Luxuria“ und bewusste Fahrlässigkeit

Das „Deutsche Wörterbuch“ der Gebrüder Grimm widmet den aus „Wollust/Wohllust“abgeleiteten Wörtern sage und schreibe 65 Begriffe – vom „Wollustbette“ über „Wollustgöttin“ bis zum „Wollustteufel“.

Auch in der modernen Rechtssprechung spielt die „Luxuria“ eine wichtige Rolle. Allerdings nicht im theologischen Sinne eines sinnlichen Verlangens, sondern eines übermutigen Verhaltens, das zur bewussten Fahrlässigkeit führen kann. Getreu dem Motto „Es wird schon gut gehen . . .“ kann die wohlige Lust böse Folgen haben. Die sind im juristischen Sinne zwar keine „teuflische Ausgeburt der Sünde“, aber können mitunter den Tod (etwa beim Autofahren) zur Folge haben.