Krankhafte Spieler gehen ein hohes Risiko ein Foto: dpa

Spielhalle oder Spielhölle? Die Eva setzt im Kampf gegen pathologisches Zocken auf Zusammenarbeit mit der Branche. Statt pauschal den Spielteufel an die Wand zu malen, schult sie Betreiber, um mehr Spielerschutz zu gewährleisten. Suchtprävention liegt im Interesse beider Seiten.

Spielhalle oder Spielhölle? Die Eva setzt im Kampf gegen pathologisches Zocken auf Zusammenarbeit mit der Branche. Statt pauschal den Spielteufel an die Wand zu malen, schult sie Betreiber, um mehr Spielerschutz zu gewährleisten. Suchtprävention liegt im Interesse beider Seiten.

Stuttgart - Georgios Sidirourgopoulos ist Betreiber der Goldfinger Spielhallen in Stuttgart-Möhringen. Dass er an der Eindämmung der Spielsucht interessiert ist, mag zunächst verblüffen. Müssten ihm Kunden, die seine Automaten exzessiv füttern, nicht ganz gelegen kommen? „Im Gegenteil“, erklärt der gelernte Werbekaufmann, „wenn Spieler süchtig sind, neigen sie dazu, alles zu verzocken. Sie verlieren oft nicht nur Geld, sondern auch die Kontrolle über ihr Leben und unter Umständen sogar ihren Job. Kurzfristig bringt ihr Verhalten höhere Einnahmen. Irgendwann gibt es aber gar keine mehr.“

Diese pragmatischen Überlegungen, aber auch die Einsicht, dass Sucht grundsätzlich problematisch ist, haben Sidirourgopoulos dazu bewogen, mit der Fachstelle Glücksspiel und Medienkonsum der Evangelischen Gesellschaft (Eva) zu kooperieren. Seit Mai 2013 bietet sie Spielhallenbetreibern gezielt Seminare an, in denen Unternehmer und Angestellte geschult werden. „Die Kooperation geht über die bloße Erfüllung gesetzlicher Bestimmungen hinaus“, betont Günther Zeltner, Abteilungsleiter der Dienste für Prävention, Beratung und Behandlung bei der Eva. „Die Unternehmer verpflichten sich selbst zu Transparenz in Form von jährlichen Berichten an uns und zur Teilnahme an zusätzlichen Schulungen. Ich habe den Eindruck, sie sehen die Suchtprävention nicht als lästige Pflicht, sondern als Teil der Organisationsentwicklung.“

Was das in der Praxis bedeutet, umreißt die Personalleiterin der MSW Spiel + Freizeit GmbH in Eislingen, Francis Argauer: „Wir legen Flyer zur Suchtprävention aus und führen regelmäßig Teambesprechungen durch, in denen wir unsere Servicekräfte dazu anhalten, Gäste anzusprechen, wenn sie zu lange spielen, und ihnen eine Pause vorzuschlagen.“ Im Grunde ist die Situation also ähnlich wie bei einem Wirt, der einen Gast nach Hause schickt, wenn der zu viel getrunken hat. Wenn der Spieler uneinsichtig ist, droht ein Hausverbot.

Im Idealfall sollen gefährdete Zocker dazu angehalten werden, Sperranträge für die Spielhalle ihres Vertrauens auszufüllen und sich quasi selbst ein Hausverbot zu erteilen. „Das ist natürlich noch keine Garantie, dass sie auch gegen ihre Sucht vorgehen“, räumt Zeltner ein. „Zumindest ist es aber ein erster Anstoß, der einen solchen Prozess in Gang bringen kann.“

Das Ergebnis: Von Mai 2013 bis April 2014 reichten im Land mehr als 1100 Spieler einen Sperrantrag ein. Eine zentrale Sperrdatenbank existiert aus datenschutzrechtliche Gründen noch nicht. Spieler mit Hausverbot können daher oft in der Nachbarschaft weiter zocken. Das ist schwer in den Griff zu bekommen. Von Herausforderungen wie dem Glücksspiel im Internet ganz zu schweigen. Wichtig sei zunächst, dass das Thema Spielsucht nicht mehr tabuisiert werde, so Zeltner. „Glücksspiel gibt es seit Jahrtausenden“, hält Georgios Sidirourgopoulos fest. „Probleme mit dem Glücksspiel auch. Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen, damit das Spiel bleibt, was es sein soll: eine Möglichkeit, abzuschalten und zu entspannen.“