Klick! Innenminister Reinhold Gall versucht sich am neuen System. Foto: dpa

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einer bestimmten Wohngegend in den nächsten Tagen ein Einbruch begangen wird? Eine neue Software gibt der Polizei darauf nun Antworten. Ob diese Antworten hilfreich sind, soll nach einem sechsmonatigen Testbetrieb das Max-Planck-Institut in Freiburg untersuchen.

Stuttgart - In Anwesenheit der Polizeiführung des Landes hat Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Freitag ein neues Projekt gestartet: Eine Software soll der Polizei helfen, gezielter gegen Einbrecher zu kämpfen.

Erprobt wird die Software in den Polizeipräsidien von Stuttgart und Karlsruhe. Entwickelt wurde das System vom Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt) in Oberhausen. Ob das Ganze etwas bringt, wird vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg untersucht werden. Drei Monate nach Ende der sechsmonatigen Testphase sei mit einem Ergebnis zu rechnen, hieß es vonseiten der Verantwortlichen.

Die neue Software wird bereits von Schweizer Städten sowie von München und in Mittelfranken benutzt. Angeblich sind die Ergebnisse positiv. Baden-Württemberg ist nun der erste Teststandort, der Erfolg oder Misserfolg des Systems wissenschaftlich untersuchen lässt. Danach soll entschieden werden, ob eine dauerhafte und flächendeckende Software-Lizenz erworben wird. Der Testlauf kostet das Land alles in allem laut Gall 220 000 Euro.

Verdacht auf Profi-Diebe? Dann schlägt das System Alarm

Bei dem System wird der Computer mit allen Einbruchsdaten der letzten Jahre gefüttert. Wichtig sind unter anderem das Einbruchswerkzeug und die Beute – um zu erkennen, ob es sich um Profis handelt. Wenn ja, gibt das System Alarm, denn aller Erfahrung nach schlagen Profis im selben Viertel innerhalb weniger Tage ein zweites Mal zu.

Unterdessen sieht die Gewerkschaft die Polizeibeamten im Land an der Grenze ihrer Belastungsfähigkeit. „Es wird in naher Zukunft Sammelabschiebungen geben“, sagte der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Rüdiger Seidenspinner, am Freitag in Stuttgart. Unklar sei aber, wie diese Abschiebungen personell zu bewältigen seien. „Wenn die Belastungen so weitergehen – und davon muss ausgegangen werden –, werden wir das nicht mehr schaffen.“

Die Polizei müsse sich mit Flüchtlingen, der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung, Fußballrowdys, Wohnungseinbrüchen, der zunehmenden Gewalt und dem täglichen Geschäft befassen. „Dies führt dazu, dass unsere Kollegen bereits im roten Bereich sind“, betonte Seidenspinner. Freie Wochenenden oder Erholungszeiten seien wie „Märchen aus einer anderen Welt“. Es werde erwartet, dass Kollegen ständig verfügbar seien – ohne entsprechende Vergütung.

Streit um Belastung der Polizei

Innenminister Gall sagte, die grün-rote Landesregierung habe längst reagiert. So sollen im Bereich der Verwaltung oder Kriminaltechnik 216 Stellen geschaffen werden, damit die Polizisten für ihre eigentlichen Aufgaben eingesetzt werden könnten. „Außerdem wird 2016 die Zahl der Polizeianwärter um weitere 200 auf 1100 erhöht und die Mehrarbeitsvergütung für die Polizei um 1,5 Millionen Euro aufgestockt.“

CDU-Fraktionschef Guido Wolf forderte 1500 zusätzliche Stellen. Nur so könne die Polizei die Herausforderungen bewältigen. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte, noch seien die Folgen der Polizeireform nicht ausgestanden, da müssten sich die Beamten einem weiteren Problem stellen, nämlich der Aufrechterhaltung von Ordnung in und um Flüchtlingseinrichtungen. Auch er forderte mehr Personal.

Der Grünen-Politiker Uli Sckerl wies darauf hin, dass die schwarz-gelbe Vorgängerregierung 1000 Polizeistellen gestrichen habe. „Das rächt sich bitter. Die Polizeireform hat einiges wettmachen können, aber nicht alles. Die Polizei muss weiter von vollzugsfremden Aufgaben entlastet werden.“