Beliebt ist das Sindelfinger Hallenbad vor allem bei Sportlern. Allein 35 Millionen Euro ­sollen seine Sanierung und der Umbau zum attraktiven Familienbad kosten. Foto: factum/Granville

Die Stadt will in den kommenden Jahren 140 Millionen Euro in ihre Infrastruktur investieren

Sindelfingen - Klotzen statt Kleckern – dieses Motto bestimmte lange die Politik in Sindelfingen. Damals, als sie den Titel „Reichste Stadt Deutschlands“ trug. Damals schien die Gewerbesteuer eine unendlich sprudelnde Quelle zu sein, gespeist vom weltweit größten Automobilwerk des Daimler-Konzerns. In den 1970er Jahren baute man ein neues Rathaus, den Glaspapalast für große Sportveranstaltungen, die Stadtbibliothek, die Stadthalle. Alles stets vom Feinsten. Die Stadt verfügt über das größte Freibad der Region Stuttgart, das Besucher auch aus der weiteren Umgebung anzieht. Die Infrastruktur der 65 000-Einwohner-Stadt, so sagten Experten, sei eigentlich die einer Großstadt.

Der Katzenjammer folgte einige Jahre später. Die Gewerbesteuer von Daimler wurde geringer. 2009, auf dem Tiefpunkt der Wirtschaftskrise, musste Sindelfingen sogar erstmals mehr Gewerbesteuer zurückzahlen, als die Stadt einnahm. Notwendige Sanierungen der in die Jahre gekommenen Bauten aus den goldenen Jahren mussten verschoben werden. Im Rathaus und Gemeinderat tagten Gremien, die das Einsparpotenzial untersuchten. „Konsolidierung des Haushalts“ war eines der meistgenannten Worte.

30 Millionen Euro für die Sanierung der fehlkonstruierten Tiefgarage

Längst hat sich der Wind wieder gedreht. Die Finanzen der Stadt sind wieder auf einem hohen Niveau. Vieles wurde in den vergangenen Jahren angepackt, was zuvor liegen geblieben war, Schulen saniert, für 18,5 Millionen Euro die Kinderbetreuung ausgebaut. Und im Rathaus wird ein Großprojekt nach dem anderen angestoßen. Planungen für 140 Millionen Euro beschäftigen zurzeit den Gemeinderat und die Fachabteilungen der Verwaltung.

Einer der größten Brocken ist keine freiwillige Investition: Die Tiefgarage unter dem Marktplatz, auch ein Erbe aus den goldenen Jahren, muss dringend saniert werden. Wegen Konstruktionsfehlern summiert sich das Kostenvolumen auf etwa 30 Millionen Euro. Noch teurer werden die Sanierung und der Ausbau des Hallenbads. Mit 35 Millionen Euro rechnet die Stadverwaltung, die das bisherige Sportbad zu einem regionalen Anziehungspunkt als Familienbad entwickeln möchte. Der Zeitplan dafür steht freilich noch nicht. Das Geld für das ehrgeizige Projekt soll in den kommenden Jahren aus Haushaltsmitteln gesammelt werden.

Neue Stadien für die Sportler

Bereits mitten in der Umsetzung ist die Stadt mit dem Sportstättenkonzept. Für 20 Millionen Euro wird das Floschenstadion saniert, und es entstehen weitere Trainingsplätze für die Sindelfinger Vereine. Für zwölf Millionen Euro soll ein Bürger- und Kulturzentrum gebaut werden, in dem auch diverse Vereine Räume erhalten sollen. Ganz neu ist das Radwegekonzept, das vom kommenden Jahr an schrittweise umgesetzt werden soll. Die Baubürgermeisterin Corinna Clemens schätzt die Kosten dafür auf zwölf Millionen Euro.

Hinzu kommt das Areal der Volksbank, das entwickelt werden soll. Die Kosten für Kauf des Areals und Abriss des Gebäudes summieren sich auf 3,5 Millionen Euro. Die Stadtbibliothek und die Galerie werden demnächst saniert und zu einem Kunst- und Medienzentrum mit dem Schwerpunkt auf Kindern und Jugendlichen zusammengefasst. Kostenpunkt: zehn Millionen Euro. Und dann steht noch die Sanierung des Stadtmuseums an, die aber noch einige Jahre warten muss. Sie ist auf sechs Millionen Euro taxiert. Hinzu kommen 7,5 Millionen Euro, die die Stadt zur Überdeckelung der A 81 beitragen muss.

Angesichts dieser Summen gerät so mancher Stadtrat gelegentlich ins Grübeln. Doch eine Klotzen-statt-Kleckern- Mentalität wie in den 1970er Jahren weist der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer von sich. „Wir haben aus der Vergangenheit gelernt.“ Deshalb habe man das Domo-Novo-Projekt, ein Wunschkind der Grünen, abgelehnt. Der Umbau der Immobilie mit schwierigen Eigentumsverhältnissen zu einem Kulturzentrum war der Verwaltung und den meisten Räten zu riskant.