Ein Falschparker am Stuttgarter Rathaus wird abgeschleppt Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Rabiaten Verkehrssündern, die Behindertenplätze belegen und in Brandschutzzonen halten, will Stuttgart endlich den Kampf ansagen. Mobile Teams können jetzt die Fahrzeuge rascher bis früher abschleppen lassen.

Stuttgart - Den notwendigen Fortbildungskurs haben sie schon absolviert. Aber die sechs Mann von der mobilen städtischen Eingreiftruppe gegen Verkehrsrowdys warten noch auf die offizielle Lizenz zum Abschleppen. Bis jetzt müssen die drei Zwei-Mann-Teams stets eine Polizeistreife anfordern, wenn sie einen Wagen aus einem absoluten Halteverbot entfernen lassen wollen. Bis eine Streife am „Tatort“ eintrifft, vergehen aber stets 30 bis 45 Minuten. Und bis der Abschleppwagen kommt, dauert es oft noch einmal so lange. Dabei sollen die drei mobilen Zwei-Mann-Teams der Stadt eigentlich wirkungsvoll gegen steigende Zahl besonders hart gesottene Verkehrsrowdys vorgehen, die mit ihren Vehikeln Rettungswege, Behindertenparkplätze, Zebrastreifen und Verkehrsinseln blockieren.

Nur ein Bruchteil kommt an den Haken

Wegen des komplizierten und zeitaufwendigen Verfahrens wird in der Landeshauptstadt seit Jahren nur ein Bruchteil der besonders rücksichtslosen Verkehrssünder tatsächlich auf den Haken genommen. Die Stadt kassiert dennoch von jedem der rund 4000 im Jahr in einer Brandschutzzone ertappten Verkehrssünder 35 Euro. Die Gefahrenquelle – das Auto – bleibt aber meistens an Ort und Stelle stehen.

Eine ganze Reihe dieser Kunden hätten eigentlich abgeschleppt werden müssen. „Der Markt dafür ist vorhanden“, sagt Joachim Elser, der Leiter der Stuttgarter Verkehrsüberwachung. Viele andere Städte organisierten das Abschleppen selbst. In der Landeshauptstadt sei allerdings seit vielen Jahren die Polizei für die Verträge mit den Abschleppdiensten zuständig. Im November 2015 habe sei die Stadt mit dem Polizeipräsidium einvernehmlich geklärt, dass auch die Stadt diese Abschleppdienste anweisen könne, verkehrswidrig abgestellte Fahrzeuge zu entfernen.

Grüne: Abschleppen wird verkompliziert

Grünen-Stadtrat Björn Peterhoff fragt sich schon lange, „warum die schnelle Eingreiftruppe der Stadt im Juni 2016 noch immer nicht selbstständig abschleppen lassen darf“. Der Stadtrat hat bereits im Mai 2015 die Verwaltung in einem Antrag aufgefordert, zu erklären, „warum bei Verkehrsgefährdung oder bei zugeparkten Brandschutzzonen nicht sofort abgeschleppt werden kann“. Nach Ansicht des Grünen wird das Abschleppen in Stuttgart im Vergleich zu anderen Städten unnötig verkompliziert, weil städtische Mitarbeiter die Gefahr nicht allein beseitigen könnten. „Neben der zeitlichen Verzögerung ist diese Doppelarbeit auch nicht effektiv“, heißt es in dem Antrag. „Die Stadt muss endlich die Voraussetzungen für ein rascheres Eingreifen schaffen“, fordert Peterhoff. Eine offizielle Antwort auf ihren Antrag haben die Grünen bis heute nicht erhalten. In einem Zwischenbescheid vom Juni 2015 heißt es lediglich, dass die Prüfung der Angelegenheit noch Zeit in Anspruch nehme.

Sechs Mann starke Eingreiftruppe

Immerhin bereiten sich die sechs Mann der schnellen Eingreiftruppe gegenwärtig mit zusätzlichen Schulungen auf die tägliche Abschlepp-Praxis vor. Die Schonzeit für hartnäckige Falschparker sei vorbei, heißt es auf Anfrage im Rathaus. „In gravierenden Fällen, etwa in Brandschutzzonen oder in Kurven, können unsere mobilen Kontrolleure noch im Juni damit beginnen, das Abschleppen in eigener Regie anzuordnen“, betont Hermann Karpf, der persönliche Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. In Detailfragen gebe es zwischen Stadt und Polizei allerdings noch keine vollständige Klarheit. Zudem erfordere ein entschiedenes und zeitaufwendiges Vorgehen gegen Verkehrsrowdys auch mehr Kontrollpersonal und ein anhaltendes Engagement der Polizei.

Die hat ganz offiziell nichts dagegen, dass die Stadt mehr Parksünder allein auf den Haken nimmt. „Die Stadt kann die Abschleppdienste, die mit uns einen Vertrag haben, jederzeit ohne unser Zutun direkt anfordern“, heißt es auf Anfrage in der Hahnemannstraße. „Wir sind froh über jeden freien Streifenwagen, weil es bei uns mehr als genug andere Einsätze und Aufgaben gibt“, betont ein Polizeisprecher.

Ein Dutzend hart gesottene Falschparker haben die städtischen Kontrolleure – in enger Kooperation mit der Polizei – schon am 2. Juni im Park-and-Ride-Parkhaus Österfeld in Vaihingen auf den Haken nehmen lassen. „Deren Fahrzeuge standen unberechtigterweise auf Behindertenplätzen“, betont Elser, der für die Betroffenen, die das Vergehen rund 200 Euro koste, wenig Verständnis hat. „Der Anstand verbietet es, eingeschränkten Menschen den Stellplatz wegzunehmen.“