Die kolumbianische Sängerin Shakira bei einem Auftritt in der SAP-Arena in Mannheim im Rahmen ihrer Welttournee 'The Sun Comes Out'. Foto: dapd

Die Sängerin Shakira ist weit mehr als nur ein hüftenschwingender Popstar aus Kolumbien.  

Mar del Plata/Washington - Wenn Shakira zum Hüftschwung ansetzt, ist es um die meisten Männer schon geschehen. Doch die Kolumbianerin ist mehr als nur eine attraktive Sängerin. Seit Jahren engagiert sie sich für die Ärmsten der Welt - am liebsten ohne Begleitung der Presse. Unser Korrespondent durfte sie dennoch begleiten.

 Als sich jüngst die Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas zu ihrem Gipfeltreffen versammelten, hielt nebenan auch die wohl prominenteste Frau des Kontinents Hof. Argentiniens Regierungschefin Cristina Kirchner erhielt eine Audienz, eine ganze Reihe weiterer Präsidenten folgten. Weltstar Shakira hatte zu Gesprächen gebeten und Lateinamerikas Politprominenz gab sich die Klinke in die Hand. Die 34 Jahre alte Powerfrau aus Kolumbien ist mehr als nur eine hüftenschwingende Plattenmillionärin, sie ist wohl die mächtigste und einflussreichste Frau des Kontinents.

Für ihre Stiftung sammelte sie zuletzt die wichtigsten Unternehmer aus ganz Amerika ein: Der US-Amerikaner Warren Buffet zahlt genauso in Shakiras "Stiftungskasse" ein wie Mexikos Milliardär Carlos Slim. Offenbar weiß Shakira die Mächtigen dieser Welt von ihrer Art, den Planeten ein bisschen besser zu machen, zu überzeugen. RTL-Spendenmarathonchef Wolfram Kons, der für ihre Stiftung sammeln ließ, zeigte sich von dem Superstar aus Kolumbien beeindruckt: "Es ist einfach unglaublich, wie viel Menschlichkeit in diesem kleinen zierlichen Körper steckt."

Soziales Engagement abseits des Presserummels

Doch Shakira belässt es nicht nur bei effektvollen Gutmenschen-Auftritten, sie baut ihr politisches Netzwerk konsequent weiter aus, nutzt ihre Prominenz, um Türen zu öffnen, die sonst selbst Superstars verschlossen bleiben. Und noch etwas unterscheidet sie von der Sozial-PR anderer Prominenter. Shakira besucht immer mal wieder anonym ohne Medientross die von ihr unterstützten Schulen. Sie will wissen, was vor Ort vor sich geht. Blitzlichtgewitter ist dabei nicht sonderlich hilfreich. Wahrscheinlich sind es diese Reisen durch alle gesellschaftlichen Schichten, die sie so einzigartig machen. Morgens im Armenviertel, nachmittags zum Tee im Präsidentenpalast.

Die populärste und umsatzstärkste Künstlerin Lateinamerikas ist sie sowieso, Botschafterin des Kinderhilfswerks Unicef seit vielen Jahren und nun auch noch Beraterin von US-Präsident Barack Obama. Ein kluger Schachzug Obamas mit Blick auf die heiß begehrten Stimmen der Einwanderer, stehen in den Vereinigten Staaten doch schon bald Wahlen an. Shakira soll künftig das Weiße Haus in Fragen der Migrationspolitik beraten. Ein heißes Eisen und eine der brennendsten Fragen aus Sicht der lateinamerikanischen Regierungen, angesichts der Millionen illegal in den USA lebenden Einwanderern aus der Region. Bei den Latin Grammy Awards gab es für sie deshalb zuletzt die Auszeichnung "Mensch des Jahres", weil sie mit ihrer künstlerischen wie gesellschaftlichen Arbeit Akzente setze.

Kolumbiens Literaturnobelpreisträger Gabriel Garcâa Marquez, wie Shakira ein "Costeno", also von der kolumbianischen Karibikküste stammend, hat sie als eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Geschichte seines Heimatlandes bezeichnet. Ihre Stimme, schrieb er, sei unverwechselbar. Und damit meine er bestimmt nicht nur den Gesang, sondern auch ihre Stimme für die Armen des Kontinents.

Perspektiven für die Hoffnungslosen

"Es bringt mich auf die Palme, wenn ich die Ungerechtigkeit auf dieser Welt sehe", begründet Shakira ihr umfangreiches soziales Engagement. Mit ihrer Stiftung "Pies Descalzos" (zu deutsch: Barfuß) baut die 34-jährige Kolumbianerin Schulen in den Regionen des Landes, in denen der Staat schon längst aufgegeben hat. Mehr als 7000 Kinder in Kolumbien und bald auch in Haiti hat sie bislang aus den Armenvierteln rausgeholt. 

Abfuhr für Kadyrow

Eine ihrer wichtigsten Mitstreiterinnen hat sie in den vergangenen Jahren in die politische Szene eingeführt. Maria Emma Mejia war einst kolumbianische Außenministerin. Später managte Mejia als Präsidentin die Shakira-Stiftung. Die Stiftungsschule in einem Armenviertel in Shakiras Geburtsort Barranquilla produziert mittlerweile Seriensieger in den Sport- und Kultur-Wettbewerben des Landes. "Wenn ich in diese Augen blicke, sehe ich ein ungeheures Potenzial, das dieser Gesellschaft nicht verloren gehen darf", sagt Shakira begeistert. Kinder, die inmitten des Drogenkrieges als verloren galten und nun schulische Höchstleistungen abliefern, sind ihre besten Argumente. Ihr Engagement ist länderübergreifend: In Haiti hat sie ein Grundstück gekauft, dort sollen bald Hunderte von Kindern in eine hochmoderne Schule gehen.

Im politischen Netzwerk Shakiras ist Maria Emma Mejia mittlerweile aufgestiegen. Als Generalsekretärin des südamerikanischen Staatenbundes Unasur mit direktem Zugang zu allen Staatschefs der Region ist sie der politische Arm des Shakira-Konzerns. Doch Shakira lässt sich von Politikern nicht instrumentalisieren und sagt auch mal Nein. So etwas stärkt die eigene Glaubwürdigkeit. Als beispielsweise der äußerst umstrittene tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow versuchte, sie mit einem Millionen-Angebot zu ködern, zeigte sie ihm die kalte Schulter. Und als sich jüngst Venezuelas Staatspräsident Hugo Chavez mit einer Shakira-Gitarre als persönlichem Geschenk öffentlich präsentierte, dementierte sie umgehend: Davon wisse sie nichts.

Immer im Kontakt mit den Mächtigen der Welt

Wenn Shakira auf Tournee ist, sucht sie stets das Gespräch mit den Mächtigen dieser Welt. Brasiliens Staatschefin Dilma Rousseff empfing Shakira genauso wie Israels Präsident Shimon Perez. Es scheint, als würde sie mehr und mehr in die Rolle wachsen, auf die U2-Superstar Bono bislang abonniert war. Diese Mischung aus Politik und Showgeschäft hat eine ungeheure Anziehungskraft auf die Regierungen dieser Welt.

Ein Stück vom Glanz gibt es aber nicht zum Nulltarif: Auch das deutsche Entwicklungshilfeministerium hat sich in die Reihe der Unterstützer eingereiht und ein Kooperationsabkommen mit ihrer Stiftung abgeschlossen. Im Dezember wird wohl mit Ministerpräsenz in der kolumbianischen Küstenstadt Cartagena eine weitere Schule eingeweiht. Für den deutschen Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) ein Karriere-Höhepunkt, für Shakira ein weiterer Routine-Termin auf ihrem langen Weg zu mehr Gerechtigkeit in Lateinamerika.