Daimler-Lkw-Chef Wolfgang Bernhard kann entspannen. Das Fahrzeug lenkt selbst. Foto: Daimler

Für Daimler ist es ein wichtiger Etappenerfolg auf dem Weg zum voll automatisierten Fahren. Nach der S-Klasse darf das Unternehmen jetzt auch seinen mit Autopilot ausgestatteten Lkw im Alltagsbetrieb testen

Stuttgart - Wer in Zukunft auf der Autobahn einen Lkw überholt und sieht, dass der Fahrer gerade entspannt einen Kaffee kocht und die Hände weit weg vom Lenkrad hat, der sollte sich nicht wundern oder gar die Polizei informieren. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich um einen schnittig aussehenden Laster von Daimler handelt. Das Unternehmen darf ab sofort seinen so genannten „Future Truck 2025“ auf den Straßen des Landes testen. „Wir haben den Antrag zusammen mit dem Regierungspräsidium bearbeitet und positiv beschieden“, sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums unserer Zeitung.

Damit ist Daimler-Lkw-Chef Wolfgang Bernhard dem Endziel eines voll automatisiert fahrenden Lkw einen Schritt näher. Um dies zu erreichen, müssen die jetzt schon vorhandenen Technologien auch im Alltagsverkehr ausgiebig getestet werden. Daimler schickt nach der selbst fahrenden S-Klasse deshalb erstmals einen Laster mit Autopilot auf die Straße. Wann genau die ersten Testfahrten starten, ist noch unklar. Offiziell war Bernhard am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Ein Sprecher begrüßte zwar die Entscheidung, wollte sich zu einem möglichen Starttermin aber noch nicht äußern. In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ Ende Juli hatte Bernhard angekündigt, mit ersten Erprobungsfahrten noch in diesem Jahr starten zu wollen. Da war jedoch noch nicht klar, dass die Genehmigung so schnell erteilt würde.

Noch braucht der Lkw einen Fahrer

Bei dem Lkw handelt es sich um einen Mercedes-Benz Actros, der aerodynamisch optimiert wurde. Er ist mit einem so genannten „Highway-Pilot“, also einem Autopiloten ausgestattet. Die Technik ähnelt dabei der für selbst fahrende Autos. Radarsensoren rund um das Fahrzeug und eine Stereo-Kamera tasten permanent die Umgebung ab. So lassen sich Fahrspuren, Fußgänger oder Verkehrszeichen erfassen und die Daten blitzschnell verarbeiten. Hinterlegt ist außerdem eine dreidimensionale Karte. So ist der Lkw über den Streckenverlauf und die Topografie stets informiert. Dies ermöglicht, dass der Fahrer bei aktiviertem Autopiloten den Fahrersitz um 45 Grad in eine Arbeits- oder Ruheposition schwenken kann. Der Lkw ist in der Lage, auch Hindernisse wie Baustellen rechtzeitig erkennen und zu umfahren oder den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug exakt zu halten. Dennoch muss der Fahrer jederzeit wieder die Verantwortung übernehmen können. Wird es dem Autopilot in einer bestimmten Situation zu brenzlig, fordert er den Fahrer mit einem Warnsignal zum Eingreifen auf.

Das Verkehrsministerium betont, dass sich die erteilte Genehmigung auf das „teilautonome Fahren“ beziehe, das einen aktiven Fahrer erfordere und wesentlich auf bereits genehmigten Komponenten des Serien-Lkw beruhe. Einem voll automatisierten Fahren steht derzeit noch die Wiener Konvention für Straßenverkehr aus dem Jahr 1968 entgegen, in der gefordert wird, dass ein Führer sein Fahrzeug jederzeit beherrschen muss. Die Vorschrift wird jedoch derzeit von den Vereinten Nationen angepasst.

Zwar können die Hersteller in Baden-Württemberg auf Autobahnen ihre selbst fahrenden Fahrzeuge im laufenden Betrieb testen. Eine offizielle Versuchsstrecke wird es im Land aber vorerst wohl nicht geben. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hatten im Februar in einem Brief an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine solche Strecke mit digitaler Infrastruktur gefordert, bei der etwa Schilderbrücken mit den Fahrzeugen kommunizieren. Eine Reaktion gab es jedoch nicht. Dobrindt hatte wiederholt betont, zunächst auf der durch Bayern führenden A9 eine solche Strecke einrichten zu wollen.