Die Blutapherese ist eine Version der Stammzellenspende. Sie ist ähnlich einer klassischen Blutspende. Foto: imago images/ /photo2000 via www.imago-images.de

Die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) sucht weltweit nach Stammzellenspendern für Leukämieerkrankte. Redakteur Martin Dudenhöffer spendet am 5. Juli Stammzellen an eine unbekannte Person. Noch am selben Tag treten die Zellen einen weiten Weg an.

Alles begann mit einer SMS – einem heute fast ausgestorbenen Weg der Kommunikation: „Sie sind bei der DKMS als potenzieller Stammzellenspender registriert. Aus einem wichtigen Grund bitten wir Sie um einen Rückruf.“ Etwas ungläubig klickte ich auf die am 4. April von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) gesandte Nachricht. Rasch wurde mir klar: Es kann nur darum gehen, dass eine schwer kranke Person Stammzellen braucht.

Man kann nicht umhin, durch eine solche Nachricht kurz aufgeregt zu sein. Aber ich griff gleich zum Hörer und wählte die angegebene Telefonnummer mit Tübinger Vorwahl. An diesem Tag sollte ich bei der DKMS niemanden mehr erreichen. Tags darauf aber bekam ich den Rückruf, gerade als ich in der Stadt unterwegs war. Eine Frauenstimme stellte die einfache, aber alles entscheidende Frage: „Sie sind bei uns als möglicher Stammzellenspender registriert. Sie haben einen genetischen Zwilling, der wegen Blutkrebs ihre Stammzellen bräuchte. Wären Sie bereit zu spenden?“

Nachdem ich zugesagt hatte, ließ ich mir die Details erklären: ein Gespräch zu meiner Krankheitsgeschichte, ein Tag Freistellung von der Arbeit wegen einer Voruntersuchung in der Klinik, fünf Tage vor Spende zweimal täglich Spritzen eines leukozytenanregenden Medikaments. Für den Tag der Stammzellengabe und potenziell einen zweiten ist der Spender ebenfalls von der Arbeit befreit.

Die Stammzellenentnahme erfolgt reibungslos

Allgemein erfolgt die Stammzellenentnahme immer in einer Klinik – entweder über eine sogenannte Blutapherese (spezielles Verfahren, um beim gesunden Menschen Blutbestandteile zu gewinnen, die als Spendersubstanzen dienen), oder unter Vollnarkose wird Knochenmark entnommen. Die meisten Spender – so auch ich – geben mittels einer Art Blutaustausch Stammzellen ab. Auch wenn man sicher weiß, dass man helfen will – einige Fragen gehen einem durch den Kopf: Wie wird es mir ergehen? Verlasse ich die Tübinger Klinik wie nach einem Marathon? Ich kann sagen: Nichts davon der Fall. Ich habe alles gut überstanden.

Gefrühstückt und mit etwas Flüssigkeit intus bezog ich am 5. Juli morgens um 8 Uhr das für mich reservierte Bett und wurde dort mit zwei Zugängen versehen – an jedem Arm einen. Durch den einen fließt das Blut in ein Zentrifugatorgerät, das die Stammzellen herausfiltert. Über den zweiten Zugang fließt das Blut wieder zurück, sodass der Blutverlust insgesamt dem entspricht, was bei einer Vollblutspende zusammenkommt– also rund 600 Millilitern. Da mein Körper im Vorlauf reichlich Stammzellen produziert hatte, war meine Spende bereits nach vier Stunden statt wie üblich fünf Stunden geschafft.

Per Flugzeug über den Großen Teich

Wem die Stammzellenspende zugutekommen soll, erfuhr ich am folgenden Tag durch einen Anruf bei der DKMS. Auch wenn viele Details geheim bleiben, weiß ich, dass meine Stammzellen noch am selben Tag eine lange Reise über den Atlantik angetreten haben: Ein Mann aus den USA erhielt die lebenswichtige Spende, aus der neue, gesunde Blutzellen entwachsen können. Er hat nun die Chance, die Leukämie zu besiegen. Mit etwas Glück werden wir uns eines Tages über diesen für mich kleinen Vorgang, der für ihn die ganze Welt bedeutet, austauschen.