Ein schwules Paar sitzt mit seiner Tochter auf einer Parkbank Foto: dpa

Was Schwule und Lesben angeht, ist Grün-Rot deutlich toleranter als die Vorgängerregierung.

Stuttgart - Die angestrebte Gleichstellung schwuler und lesbischer Beamten-Paare sorgt für Ärger in der baden-württembergischen Regierungskoalition. Nach Informationen unserer Zeitung hat es die SPD-Fraktion auf ihrer jüngsten Sitzung am Dienstag einstimmig abgelehnt, den rund 250 verpartnerten Beamten im Dienst des Landes den so genannten Ehegattenzuschlag (Familienzuschlag, Stufe 1) rückwirkend bis 2003 zu gewähren, wie dies bereits im Herbst die Grünen-Fraktion beschlossen hatte. SPD-Innenexperte Nikolaos Sakellariou sagte am Mittwoch auf Anfrage, die Forderung der Grünen würde das Land nach Berechnungen des Finanzministeriums zwischen sechs und zehn Millionen Euro kosten. Dies sei angesichts der Haushaltsprobleme und den Kürzungen, die man anderen Bevölkerungsgruppen zumuten müsse, zu viel. Die SPD-Fraktion habe daher beschlossen, den Zuschlag rückwirkend nur bis zum Jahr 2009 zu gewähren, so der innenpolitische Sprecher der Fraktion. Allein dies werde das Land zwischen drei und vier Millionen Euro kosten.

Da die Grünen weitergehende Forderungen hätten, müsse sich nun der Koalitionsausschuss mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann an der Spitze mit der Frage befassen, sagte Sakellariou. Er persönlich sei dafür, mit Blick auf die notwendige Haushaltssanierung den Zuschlag für alle Landesbeamten abzuschaffen. „Einen Bonus allein fürs verheiratet sein, das gibt es sonst in keiner Berufsgruppe“, so Sakellariou. Er fragt nicht ohne Sarkasmus: „Was soll dieser Zuschlag sein – Schmerzensgeld?“

Enttäuschung bei den Grünen

Die Grünen reagierten auf den SPD-Beschluss mit Enttäuschung und Verärgerung. „Die rückwirkende Erstattung des Zuschlags bis 2003 ist kein freiwillige Good-Will-Leistung, sondern rechtlich geboten“, sagte die Stuttgarter Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch auf Anfrage. Mehrere Verwaltungsgerichte hätten zuletzt entsprechend geurteilt. Im übrigen seien die Schätzungen des Finanzministeriums bezüglich der Kosten für die rückwirkende Erstattung viel zu hoch.

Sakellariou hingegen sagt, die Gerichte würden dem Gesetzgeber sicher einen Spielraum gewähren, vor allem was die rückwirkende Erstattung angehe. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts haben verpartnerte Beamten spätestens von Juli 2009 an Anspruch auf Ehegattenzuschlag – damals hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe die Privilegierung der herkömmlichen Ehe nicht rechtfertige, wenn dies mit einer Benachteiligung der Lebenspartnerschaft einhergehe.

Beamte, die verheiratet sind, erhalten derzeit vom Land dafür einen monatlichen Zuschlag von 120 Euro im Monat. Würde man diesen Zuschlag nun rückwirkend bis 2003 gewähren, bekäme jedes verbeamtete Homo-Paar rund 16 000 Euro – und dies in Zeiten, in denen sich der Staat kaum noch Ausgaben für Zukunftsausgaben leisten könne. „Erklären Sie das mal einer Schlecker-Mitarbeiterin“, so der Innenexperte.

250 schwule Beamte im Landesdienst

Die zusätzlichen jährlichen Kosten, die sich durch die künftige Einbeziehung von homosexuellen Beamtenpaaren ergeben, belaufen sich laut Finanzministerium auf 1,25 Millionen Euro im Jahr. Dabei ging man von 250 solchen Beamten im Landesdienst aus, beim Landesamt für Besoldung sind derzeit 205 gemeldet. Lösch weist darauf hin, dass man die 1,25 Millionen Euro nicht einfach – wie dies das Ministerium getan habe – mit acht multiplizieren dürfe, wolle man die Kosten für die Rückwirkung bis 2003 berechnen. 2003 habe es nur 35 derartige Beamte gegeben, 2004 nur 44. Basierend auf diesen tatsächlichen Zahlen sei sie auf Kosten von knapp zwei Millionen Euro gekommen.

Sakellariou betont, dass die Haltung der SPD-Fraktion keine irgendwie geartete Form der Diskriminierung darstelle. Die grün-rote Landesregierung wolle bei der Gleichstellung von homosexuellen Paaren Vorreiter sein und habe dies in der Vergangenheit auch schon mehrfach bewiesen. Man sei sogar bereit, in diesem konkreten Punkt für die Versäumnisse der schwarz-gelben Vorgängerregierung, die eine Gleichstellung verpartnerter Beamter stets abgelehnt hat, bis zum Jahr 2009 zu bezahlen. Grundsätzlich sei das Geld der Steuerzahler aber seiner Ansicht nach dazu da, in die Zukunft zu investieren. Und vor diesem Hintergrund halte er ein weiteres Entgegenkommen des Landes gegenüber den verpartnerten Beamten sowie den Zuschlag an sich für fragwürdig.