Hat die Stadt Heilbronn eine Ausschreibung zu teuer vergeben? Foto: Fotolia

Für Brandschutztüren an zwei Schulen hat die Stadt Heilbronn auf eine öffentliche Ausschreibung verzichtet – obwohl der Auftrag weit über dem Grenzwert von 50 000 Euro lag. Einem Handwerker kam die Sache spanisch vor

Heilbronn - Die Stadt Heilbronn schaut bei der Sanierung ihrer Schulen nicht immer so aufs Geld, wie sich das mancher Steuerzahler wohl wünschen würde. Der Einbau von Brandschutztüren in zwei Schulen soll nach Angaben eines beteiligten Handwerkers mehr als doppelt so teuer gewesen sein wie nötig – rund 400 000 Euro an Steuergeldern seien dabei verschwendet worden. Die Stadt selbst, die erst durch Recherchen unserer Zeitung auf das Problem aufmerksam wurde, spricht nach einer Überprüfung des Falls von einer „Überpreisung“ im Volumen von höchstens 100 000 Euro. Sie will nun mit der Schreinerfirma, die von der Stadt den Auftrag erhalten hatte, nachverhandeln. Der rechtliche Hebel dazu: Aus Sicht der Stadt hat die Schreinerfirma gegen den Vertrag verstoßen, da sie ohne Rücksprache Subunternehmer einsetzte.

Der Auftrag an die Schreinerfirma war vom zuständigen Sachbearbeiter der Stadt gemeinsam mit dem beauftragten Architekten „freihändig“ vergeben worden, das heißt: Es gab keine öffentliche Ausschreibung, obwohl der Auftrag erheblich über dem Grenzwert von 50 000 Euro lag. Die Stadt hatte sich dieses Verfahren als Möglichkeit für den Notfall vom Gemeinderat genehmigen lassen. Begründung: Die Brandschutz-Sanierung sei dringlich, es gehe um Leib und Leben der Schüler.

Der Sprecher der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA), die Bauvergaben der Kommunen im Land stichprobenhaft prüft, nannte die Begründung auf Anfrage unserer Zeitung „wacklig“. Er verwies darauf, dass laut der bundesweit gültigen Vergabeordnung (VOB) eine Dringlichkeit nur dann als Argument für ein Abweichen vom korrekten Vergabeverfahren verwendet werden dürfe, wenn diese nicht durch Untätigkeit selbst herbeigeführt worden sei.

Der Heilbronner Gemeinderat hatte Anfang 2005 beschlossen, die Brandschutzmängel an den Schulen der Stadt zu beseitigen. Die Stadt erstellte eine Prioritätenliste und ließ sich dann vom Gemeinderat auch genehmigen, notfalls bis zu einem Auftragsvolumen von einer Million Euro vom herkömmlichen Vergabeverfahren abweichen zu können, also keine öffentliche Ausschreibung zu machen. Gut möglich, dass sich die Stadt dafür bei der nächsten Prüfung der Gemeindeprüfungsanstalt einen Rüffel einfängt. „Das einseitige Anheben der Wertgrenzen ist kein zulässiger Vorgang, um zu einer beschränkten Ausschreibung zu kommen“, heißt es vonseiten der Prüfbehörde.

Im konkreten Fall wurde eine beschränkte Ausschreibung durchgeführt, das heißt: Als geeignet eingeschätzte Betriebe werden von der Stadt direkt angefragt. Die Stadt räumt zwar ein, dass das auch nicht viel schneller als eine öffentliche Ausschreibung gehe. Man könne aber geeignete Firmen gezielt anschreiben und müsse nicht mühsam Bewerber auf ihre Tauglichkeit hin prüfen. Insofern sei der Aufwand doch geringer. Von den fünf angefragten Firmen kam aber keine Rückmeldung, so dass die Stadt nach eigenen Angaben davon ausging, dass die meisten Handwerker ausgelastet sind.

In dieser Situation ging der beauftragte Architekt kurz vor den letzten Sommerferien auf einen ihm gut bekannten Schreiner zu, der auch für die Stadt schon einiges gemacht hat. Der Schreiner unterbreitete ein Angebot, was vonseiten der Stadt auch akzeptiert wurde, obwohl es sehr hoch war.

Dass alle drei beteiligten Personen dabei unter einer Decke gesteckt haben könnten, schließt die Stadt nach einer ersten Überprüfung des Falls aus. Es sei eine Abwägungsfrage gewesen, das Angebot zu akzeptieren, verteidigt der Leiter des Heilbronner Hochbauamts, Johannes Straub, das Vorgehen. Man habe die Arbeiten unbedingt in den Sommerferien machen wollen, weil sonst womöglich die ganze Baustelle hätte lahmgelegt werden müssen – mit entsprechenden Schadenersatzforderungen von anderen beteiligten Handwerkern.

Was die Stadt angeblich nicht wusste: Der Schreiner erledigte die Arbeiten nicht selbst, sondern suchte sich einen Subunternehmer. Er fand einen in der Region Stuttgart – und hätte er ihn auch zügig bezahlt, wäre die Geschichte nie ans Tageslicht gekommen. Der Subunternehmer aber ärgerte sich über ausstehende Zahlungen und wandte sich an unsere Redaktion.

Dem Subunternehmer kam bei der Sache vieles spanisch vor: Eine freihändige Vergabe in dem Volumen habe er noch nie erlebt, sagt er, obwohl er seit Jahren nichts anderes als öffentliche Aufträge mache. Dass dann ausgerechnet ein Schreiner für den Einbau von Stahl-/Glas-Brandschutztüren beauftragt wurde, wundert ihn auch. Solche Arbeiten würden Schlosser machen, sagt er.

Auf die Palme brachte den Subunternehmer letztlich, dass der Schreiner, der in dem Fall nur zwischengeschaltet war, mehr als das Doppelte gegenüber der Stadt habe in Rechnung stellen können. Der beauftragte Architekt habe ihm den Originalauftrag der Stadt für eine Schule gezeigt und für die andere die Summe bestätigt, sagt der Subunternehmer, der nach eigenen Angaben mangels einer richtigen Ausschreibung sein Angebot schon selbst großzügig kalkuliert hatte.

Die Heilbronner Bauverwaltung ist zuvor schon in die Schlagzeilen geraten: Ein Bauunternehmer soll Mitarbeitern großzügige Geschenke gemacht und im Gegenzug wertvolle Informationen über den Stand von Auftragsvergaben erhalten haben. Gleichwohl glaubt der Leiter des Hochbauamts, „dass wir ein gutes System haben“. Standard sei die öffentliche Ausschreibung, auch weil man damit auf der rechtlich sicheren Seite sei, sagt Straub. Im konkreten Fall hätten die Brandschutztüren zwar „etwas günstiger“ eingebaut werden können. Die eingebauten Türen seien aber von der Qualität her in Ordnung, „insofern ist der Stadt kein Schaden entstanden“. Mancher Steuerzahler dürfte das anders sehen.