Die Zahl der Erstklässler ist konstant, die Schullandschaft in Bewegung Foto: dpa

Mit Infografik - In diesem Schuljahr wechseln mehr Gymnasiasten denn je auf die Realschule. Damit setzt sich der Trend des vergangenen Jahres fort. Dessen ungeachtet haben sich 2394 Kinder, das sind erneut 60 Prozent der Grundschulabgänger, im Schuljahr 2014/15 für das Gymnasium entschieden.

Stuttgart - Stuttgarts Schullandschaft ist gewaltig im Wandel. Werkrealschulen gelten als Auslaufmodell, nur noch 6,9 Prozent der Viertklässler, das sind 277 Kinder, entscheiden sich für diesen Schultyp. Fast ebenso viele der rund 4000 Viertklässler – 6,3 Prozent oder 254 Schüler – besuchen künftig eine der vier Stuttgarter Gemeinschaftsschulen, und unverändert bleibt der Zustrom auf Realschulen und Gymnasien: fast 30 Prozent (1128 Schüler) streben den mittleren Bildungsabschluss an, rund 60 Prozent (2394 Schüler) wurden an Gymnasien angemeldet.

Die Schülerzahlen an den verschiedenen weiterführenden Schulen ist allerdings insgesamt auch im Fluss: Immer mehr Gymnasiasten – in diesem Jahr 408 (Vorjahr: 292) – wechseln nach der 8. oder 9. Klasse auf eine Realschule. Gleichzeitig deutet eine Erhebung jüngeren Datums darauf hin, dass auch die Zahl der Sitzenbleiber in den Klassen 5 und 6 auf Realschulen und Gymnasien steigt.

Einzig die Größenordnung der Erstklässler ist, im Gegensatz zu den Zahlen auf dem Land, weiterhin konstant bis leicht steigend. 4358 Kinder werden in dieser Woche an den Grundschulen eingeschult. Insgesamt werden dann 17 771 Schüler in den Klassen 1 bis 4 unterrichtet. Zum Vergleich: Im Schuljahr zuvor, 2013/14, waren es noch 16 410. „Das ist insbesondere auf eine höhere Zuwanderung aus dem europäischen Ausland zurückzuführen, aber auch auf die Tendenz zur Landflucht und die neuen Aufsiedlungsflächen“, sagt Schulamtsleiterin Ulrike Brittinger bei der Präsentation der jüngsten Schulstatistik am Dienstag.

Schulanfang in Stuttgart

Die Zusammensetzung der Schüler an den Schulen hingegen wird von Jahr zu Jahr problematischer. An den Grundschulen werden von dieser Woche an 202 Kinder in 17 sogenannten Spracheingangsklassen unterrichtet. Dort werden in Klasse 1 die Sprachdefizite behoben, die bei der Einschulung festgestellt wurden. 380 Kinder besuchen zunächst eine Förderklasse und werden, zusammen mit 200 anderen, vom Schulbesuch zurückgestellten Kindern, erst 2015/16 eingeschult. Außerdem muss die Verwaltung auch dem Fllüchtlingszustrom gerecht werden und 72 (Vorjahr: 36) Klassen bilden, in denen die Kinder und Jugendlichen in deutscher Sprache gefördert werden.

Die Realschulen bilden in diesem Jahr fünf Klassen mehr und unterrichten insgesamt 7771 Schüler. Nicht mitgerechnet sind die rund 80 Realschüler der Anne-Frank-Realschule, die in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt worden ist. 408 der 7771 Schüler haben bisher das Gymnasium besucht, die meisten davon Klasse 8 oder 9. Im vergangenen Jahr lag diese Zahl noch bei 292 Schülern. Zudem wechseln 87 Werkrealschüler aus allen Klassenstufen, insbesondere aber aus den Klassen 7 und 8, auf Realschulen. „Wir erheben zurzeit, wie hoch die Zahl der Wiederholer ist“, sagt Ulrike Brittinger.

Eine Herausforderung ist zudem der Auftrag der Inklusion von Schülern mit einem besonderen Förderbedarf. Derzeit sind dies 2050 Kinder, 155 mehr als im Vorjahr. Die meisten von ihnen werden an Sonderschulen unterrichtet, 755 aber besuchen eine allgemeinbildende Schule, darunter 68 Schulanfänger und 51 Realschüler, 428 Kinder (Vorjahr: 293) haben eine Lernbehinderung, 60 (Vorjahr: 42) eine geistige Behinderung und 191 (Vorjahr: 102) eine sozial-emotionale Störung. Bisher sind nur 70 von 120 staatlichen Schulen in Stuttgart im Bereich der Inklusion tätig; „das heißt für die Schulen, dass sie sich alle auf den Weg machen müssen“, so Brittinger.

Dafür brauchen die Schulen neue Konzepte. Ein entsprechendes Modell geht im Stuttgarter Norden an den Start: Die Albert-Schweitzer-Schule entsendet Schüler, die Erziehungshilfe und ein Ganztagsangebot brauchen, an die Seelachschule, wo die Kinder in einer Außenklasse im Ganztagsbetrieb unterrichtet werden und sowohl ein Lehrer als auch ein Sonderpädagoge präsent sind. Außerdem sind therapeutische Angebote der Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgesehen. Das Angebot gilt von diesem Schuljahr an und könnte Modell sein für ähnliche Schulkooperationen.Wegen der großen Herausforderungen bei der Inklusion und der Beschulung heterogener Klassen hat Kultusminister Andreas Stoch (SPD) mehr Unterstützung zugesagt.

Für 6,3 Prozent der Fünftklässler war die Gemeinschaftsschule erste Wahl. In diesem Jahr werden an den vier Standorten 254 Schüler in Klasse 5 eingeschult. Die Realschule Weilimdorf und die Schickhardt-Realschule im Westen wandeln sich zur Gemeinschaftsschule von 2015/16 an. Weil das neue Schulgesetz neue, bessere Voraussetzungen für Ganztagsschulen schafft, stellen weitere Schulen einen Antrag auf Ganztagsbetrieb; 2014/15 gibt es diesen an insgesamt 37 Schulstandorten, darunter an 19 Werkreal- und sechs Realschulen.