Schüler in Schönau stellen sich gegen einen Bauzaun vor ihrer Schule, sie fühlen sich eingepfercht. Foto: Bürgerinitiative „Stadtraum statt Gränzzaun“/Isaac Hailperin

Zwar keine Mauer wie einst in Berlin, dafür aber ein Bauzaun: In Schönau im Schwarzwald ist ein Schulhof seit Jahresbeginn geteilt. Dagegen hat sich die Schulgemeinschaft gewehrt – mit Erfolg.

Auf Instagram heißt der Bauzaun, der für geraume Zeit für Wirbel in Schönau im Schwarzwald sorgte, einfach „The Gränzzaun“, in Anspielung auf „The Länd“, die umstrittene Imagekampagne des Landes Baden-Württemberg. Hinter der Seite stecken die Schülerinnen und Schüler des städtischen Gymnasiums, die auch schon versucht haben, „The Gränzzaun“ bei Ebay zu verhökern. Ihr 2400-Einwohner-Städtchen beherbergt einen Konflikt, der es auch immer wieder in die Schlagzeilen überregionaler Medien schafft – wie in die Satiresendung „Extra 3“.

Im Mittelpunkt des Streits steht der Schulhof des städtischen Gymnasiums, der in seiner Mitte von einer von Autos befahrenen Straße geteilt wird. Weil der Pausenhof des städtischen Gymnasiums für die wachsende Schülerzahl zu klein wurde, beschloss die Stadt bereits 2006, den gegenüberliegenden Rathausplatz auf der anderen Straßenseite mit zu nutzen.

Jahrelang duldeten die Behörden den Zustand, doch im Februar dieses Jahres schritt schließlich das zuständige Landratsamt wegen Sicherheitsbedenken ein. Die Gemeinde stellte einen weiß-roten Plastikzaun auf – zum Entsetzen der Schülerinnen und Schüler. Sie fühlen sich seither eingepfercht. „In der nicht umzäunten Hälfte durften die Schüler nur eine ,Stehpause’ machen. Damit niemand beim Umhertoben auf die Straße rennt. Im umzäunten Bereich durfte sich ausgelebt werden, da war aber wiederum wenig Platz“, fasst der Leiter der betroffenen Schule, Jörg Rudolf, das Dilemma zusammen. Gegenüber dem SWR bezeichnete er den Zaun offen als „Augenkrebs“.

„Da war immer schon eine Straße“

Der Gemeinderat hatte es abgelehnt, die Straße während der Schulzeiten für den Verkehr zu sperren. Freie Wähler und Bürgermeister Peter Schelshorn (CDU) hatten sich damals für die Sperrung eingesetzt, die Fraktionen von CDU und SPD, die im Gemeinderat die Mehrheit stellen, hatten dagegen votiert. „Da war schon immer eine Straße, da will man dann halt auch fahren“, sei die Stimmungslage im Gemeinderat bei den ablehnenden Fraktionen gewesen, wie es vom Hauptamtsleiter der Stadt, Dirk Pfeffer, heißt.

Der Bauzaun stieß aber auf großen Widerwillen. Engagierte Schüler starteten einen Instagram-Account. Für den weiß-roten Plastikzaun zog man dort gleich einen besonders geschichtsträchtigen Vergleich mit der Berliner Mauer:

Die Eltern engagierten sich auf ihre Weise und gründeten die Bürgerinitiative „Stadtraum statt Gränzzaun“. Sie erwirkten einen entsprechenden Entscheid für eine Sperrung der Straße. Vergangenen Sonntag folge schließlich die große Abstimmung vor Ort – zur Freude der Schulgemeinschaft. 75 Prozent votierten für den Abbau des „Gränzzauns“. Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten war für die Frage an die Urnen gegangen. Der Zaun muss weg und die Straße zwischen 7 und 14 Uhr gesperrt werden.

Wie die Verkehrsführung im Ort künftig verlaufen soll, damit muss sich nun der Gemeinderat in Schönau nochmals beschäftigen. Wegen des Verwaltungsaktes müssen die Schüler wohl noch eine Weile mit dem Zaun vor ihrer Schule leben. Der Hauptamtsleiter von Schönau hofft, dass bis Jahresende eine Lösung gefunden werden kann. „Aber darauf komme es nach so vielen Jahren auch nicht an“, sagte Isaac Hailperin, Sprecher der Bürgerinitiave.

„Optimale Demokratiebildung“

Für „tosenden und brausenden Jubel“ habe das Ergebnis bei den Schülern und Lehrern gesorgt, die sich zur Verkündung des Ergebnisses am Rathausplatz eingefunden hatten, sagte Schulleiter Jörg Rudolf. Die zahlreichen Aktionen hätten sich letztlich ausgezahlt. „Das Schönste ist, dass die Schüler gesehen haben, dass es sich lohnt, sich in einer Demokratie anzustrengen. Das war optimale Demokratiebildung“, zeigte sich der Oberstudienrat zufrieden.

Die Instagram-Seite „The Gränzzaun“ hat das Votum des Bürgerentscheids auf ihre eigene Art gefeiert. Als das Ergebnis bekannt wurde, verabschiedeten sich die Betreiber mit dem kurzen Post: „Ehre genommen. Peace and out.“