Das Logo des Energieunternehmen am Stammsitz in Karlsruhe Foto: dapd

In der Aufarbeitung des EnBW-Deals wächst der Druck auf die Kanzlei Gleiss Lutz und Morgan Stanley.

Stuttgart - Wo auch immer Nils Schmid, der Wirtschafts- und Finanzminister des Landes, derzeit auf den EnBW-Deal und dessen Aufarbeitung angesprochen wird, gibt der SPD-Politiker die fast immer gleiche Antwort: „Es geht darum, zu viel bezahltes Steuergeld nach Baden-Württemberg zurückzuholen.“ Mit diesem Argument hat Schmid wiederholt die Klage des Landes vor der Internationalen Handelskammer in Paris begründet. Dort will Grün-Rot erreichen, dass der französische Staatskonzern EdF rund 840 Millionen Euro von den einst erhaltenen 4,7 Milliarden Euro nach Baden-Württemberg zurück überweist.

Denn Grün-Rot ist überzeugt, dass der damalige Ministerpräsident Mappus im Dezember 2010 zu viel an die EdF bezahlte, als er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Franzosen ihre EnBW-Anteile abkaufte. Ob die Landesregierung die 840 Millionen Euro ganz oder gar nicht wieder bekommt, gilt als offen. Im Herbst wird erstmals verhandelt.

Jenseits dieser Wertfrage ließ die Landesregierung zuletzt einen anderen juristischen Aspekt des EnBW-Deals klären – nämlich die Frage, ob das Land gegen die damals Verantwortlichen Schadenersatzansprüche geltend machen kann. Und genau dieses Gutachten der Kölner Kanzlei CBH liegt in einer ersten, vertraulichen Form der Regierungsspitze in Stuttgart nun vor. „Wir haben die Möglichkeiten der Schadenersatzforderungen gegen die damalige Landesregierung, gegen die Kanzlei Gleiss Lutz und gegen die Investmentbank Morgan Stanley prüfen lassen und haben nun einen Zwischenbericht“, bestätigte Schmid am Mittwoch entsprechende Informationen unserer Zeitung. Fazit des Ministers: „Es gab damals erhebliche Beratungsfehler. Die Frage des Schadenersatzes stellt sich mehr denn je.“

Die Kritik gilt vor allem den Anwälten und der Bank. Zur Erinnerung: Die Stuttgarter Kanzlei Gleiss Lutz hatte Mappus in jenen Herbsttagen 2010 beraten und grünes Licht dafür gegeben, dass der Deal ohne Beteiligung des Landtags geschah. Es war ein folgenschwerer Fehler, die Nicht-Einschaltung des Parlaments wurde später vom Staatsgerichtshof des Landes als verfassungswidrig verurteilt.

Der federführende Anwalt der Kanzlei, Martin Schockenhoff, hatte in diesem Frühjahr vor dem EnBW-Untersuchungsausschuss jedoch ausgesagt, man habe Mappus damals vor diesem Weg gewarnt, der Ministerpräsident habe diesen Weg aber gehen wollen. Mappus hatte dieser Sichtweise umgehend und vehement widersprochen: „Es gibt kein einziges Schriftstück, das auch nur annähernd als Warnung interpretiert werden kann.“

Morgan Stanley im Visier

Genau das könnte einer der Beratungsfehler sein, die die Gutachter ansprechen und auf denen die möglichen Schadenersatzansprüche des Landes gegen die Kanzlei fußen. Auch die Investmentbank Morgan Stanley gerät in diesem Zusammenhang wieder ins Visier. Bank-Chef Dirk Notheis, der seinen Posten inzwischen geräumt hat, hatte den Deal zwischen seinem Freund Mappus und der EdF bekanntlich eingefädelt und abgewickelt. Die Anwälte sehen in ihrem Gutachten nun durchaus Ansatzpunkte, um die Bank schadenersatzrechtlich zu belangen. Über die Höhe möglicher Forderungen wollte Schmid am Mittwoch nichts sagen: „Das wäre noch zu früh.“ Die Kanzlei hatte für ihre Beratung ein Honorar von 2,7 Millionen Euro erhalten, die Bank rund 17 Millionen Euro.

Im Fall des Ex-Ministerpräsidenten scheinen die Hoffnungen von Grün-Rot auf Schadenersatz geschwunden. Der Grund: Eine solche zivilrechtliche Forderung gegen ihn könnte das Land erst geltend machen, wenn der Fall strafrechtlich geklärt ist. Soll heißen: Erst wenn die Staatsanwaltschaft Stuttgart ihre Ermittlungen gegen Mappus wegen des Verdachts der Untreue beendet hat und es überhaupt zu einer Verurteilung (ob in Form einer Geld- oder einer Haftstrafe) kommen würde, könnte das Land gegen ihn finanzielle Forderungen erheben. Zuvor, sagte Minister Schmid, seien Regierungsmitglieder zum Zeitpunkt ihres Handelns durch das Ministergesetz vor solchen Zugriffen geschützt. „Wir halten uns das weitere Vorgehen offen“, betonte der Minister und verwies auf die laufende Arbeit des Untersuchungsausschusses und der Staatsanwaltschaft. Erst danach werde man „über das weitere Vorgehen entscheiden“.