Teemeisterin Aimin Wagner vermittelt die Kunst des Teezubereitens. Foto: Peter Buchholtz

Mit der Kombination aus Ladengeschäft und Tee-Lounge möchten die Betreiber des Tai Chi Teehauses das Bewusstsein für den Genuss von qualitativ hochwertigem Tee schärfen. Sie geben Tee-Workshops für Laien und Connaisseure in der Kunst perfekter Teezubereitung.

S-West - Vor bald vier Jahren eröffnete unweit der S-Bahn Haltestelle Schwabstraße im Stuttgarter Westen das Tai Chi Teehaus. Mit der Kombination aus Ladengeschäft und Tee-Lounge möchte man auch in Stuttgart ein Bewusstsein für den Genuss von qualitativ hochwertigem Tee schaffen. In regelmäßigen Abständen werden dazu bei Tee-Workshops Laien, aber auch Connaisseurs in die Kunst der perfekten Teezubereitung eingeführt.

Teezeremonie als Souvenir aus China

Aimin Wagner, die gemeinsam mit ihrem Mann Norbert das Tai Chi Teehaus führt, ist eine fleischgewordene Tee-Enzyklopädie. Auch Kenner müssen vor ihren 20 Jahren Erfahrung in diesem Geschäft den Hut ziehen. Sie stammt aus der berühmten chinesischen Tee-Anbauregion Yunnan und hat sich schon immer für Teekultur und im Speziellen die chinesische interessiert. Nach ihrem Germanistik-Studium in China absolvierte sie 1998 deswegen die Ausbildung zur Teemeisterin.

Um auch in ihrer neuen Heimat etwas von ihrer heimischen Teekultur weiterzugeben, fingen sie und ihr Mann vor zehn Jahren an, Tee-Workshops zu veranstalten. „In der deutschen Gesellschaft fehlt es bisher noch an Wissen und Verständnis für qualitativ hochwertigen Tee“, so Wagner. Zwar ist der Teekonsum der Deutschen in den letzten Jahren leicht angestiegen, aber im Vergleich zum Kaffee ist sein Marktanteil dennoch eher bescheiden. Das wollen Aimin und Norbert Wagner ändern.

Acht Teeliebhaber sind zum Workshop gekommen. Die einen, weil sie direkt ums Eck wohnen und deswegen öfter in den Laden kommen. Die anderen, weil sie gezielt online nach solch einem Angebot gesucht haben. Aimin Wagner eröffnet den Workshop mit einigen Worten zur Geschichte der Teepflanze und klärt auf, dass Kräuter- und Früchtetees mit der chinesischen Teetradition im Grunde wenig gemein haben. Schmecken können sie trotzdem. Wagner aber fachsimpelt zu weißem, grünem und auch schwarzem Tee – der in Ostasien übrigens als roter Tee bezeichnet wird.

Aufguss der Freundschaft

Den zweiten Schwerpunkt des Abends bildet die Einführung der acht Teilnehmer in die Kunst des zeremoniellen Teetrinkens. Wasser kochen, aufgießen, ziehen lassen, eingießen – so kennt das der Laie. Bei Wagner aber gleicht das Ganze einer Choreografie, bei der vor allem die Reinigung der Gefäße im Mittelpunkt steht. „Die Aufgussfarbe verrät Alter und Qualität des Tees“, sagt sie während sie den Tee aufgießt und ergänzt: „Wecker oder Uhr braucht man beim Aufgießen nicht, man handelt nach Erfahrung und Gefühl.“ Den grünen Tee lässt sie anschließend gefühlte 30 Sekunden ziehen, „bis er eine zarte Färbung hat“, sagt sie. Mit drei Handschwüngen schenkt sie daraufhin jedem am Tisch ein. „Der Phoenix nickt dreimal mit dem Kopf“, sagt sie. Das sei in China eines von vielen Symbolen der Gastfreundschaft. Auch das persönliche überreichen des Tees an den Gast zähle dazu.

Danach wird der Tee gekostet. Der kurze Aufguss zeigt seine Wirkung, der blumige Geschmack des Tees ist dezent, aber ausreichend – bitter jedenfalls schmeckt er nicht. Nun dürfen sich die Teilnehmer an die Aufgusszeremonie wagen und ihrem Gegenüber an der Tafel den Tee kredenzen. Auch ein mehrmaliges Aufgießen ist bei einer kleinen Teekanne problemlos möglich, mehr noch, sogar gewollt. „Jeder Aufguss schmeckt anders, da immer neue Inhaltsstoffe gelöst werden“, erklärt Wagner. Der zweite und dritte Aufguss seien somit geschmacklich am stärksten. „Wenn der Tee aber auch beim vierten Aufguss noch schmeckt, dann weiß der Gast, dass er geschätzt wird“, sagt Wagner. Den „Aufguss der Freundschaft und Wertschätzung“ nennt sie das.

Im Teeladen findet man eine Auswahl an rund 50 hochwertigen Teesorten und den nötigen Zubehör für die Zeremonie. „Die Qualität und die unterschiedlichen Aromen sollen überzeugen“, sagt Wagner. Bei einem guten Tee seien darum zehn Euro oder mehr pro 100 Gramm keine Seltenheit.