Verflixte Technik: Der Schiebetritt funktionierte über Jahre nicht richtig. Foto: Peter Petsch

Der Schiebetritt, die Überbrückung des Spalts zwischen der S-Bahn und dem Bahnsteig, ist zurück! Im Frühjahr 2013 verursachte er Chaos im Stuttgarter S-Bahn-Netz, nun wird eine überarbeitete Version vom 4. Januar an im Fahrplanbetrieb getestet.

Stuttgart - Mängel treten bei den meisten S-Bahnen auf, die in Deutschland neu in Betrieb gehen. Der Schiebetritt des Modells ET 430 aber, das zum ersten Mal im April 2013 in Stuttgart seinen Betrieb aufnahm, wurde schnell zum Riesenärgernis. Immer wieder meldete der Bordcomputer Störungen an der Tür, die mit diesem Bauteil zur Überbrückung des Spalts zum Bahnsteig zu tun hatten. Teilweise konnte die Einstiegshilfe für Ältere und Menschen mit Kinderwagen nicht mehr eingefahren werden, mehrfach blieben deswegen die Züge sogar im Innenstadttunnel liegen. In einem Fall zu einem Zeitpunkt, als Hersteller Bombardier Techniker mit auf die Reise schickte. Einer musste das Teil von Hand wieder in den Zug drücken. Es half nichts: Der Bordcomputer meldete den Fehler immer noch, und der Zug konnte weiterhin nicht starten.

Die gesamte Flotte kostete 480 Millionen Euro

Im Juli 2013 zog die Bahn die ersten 13 Exemplare wieder aus dem Verkehr. Im Dezember 2014 kehrten sie mit abgeschalteter Einstiegshilfe zurück, seit Januar dieses Jahres sind alle 87 Züge der 480 Millionen Euro teuren Flotte auf den Linien S 1, S 2 und S 3 im Einsatz. Allerdings nicht in vertragsgemäßem Zustand, wie es beim S-Bahn-Auftraggeber Verband Region Stuttgart heißt. Schließlich funktioniert der Schiebetritt immer noch nicht. „Das ist keine deutsche Wertarbeit“, schrieb der damalige Regionalrat der Freien Wähler und frühere OB von Nürtingen, Alfred Bachofer, den Managern des kanadischen Unternehmens mit Deutschland-Sitz in Berlin beim ersten S-Bahn-Gipfel im Herbst 2013 ins Stammbuch. Stimmt: Den Schiebetritt hatte das französische Zuliefererunternehmen Faively Transport beigesteuert.

Die Vorstandsvorsitzenden mussten hier wie da gehen, und im Winter 2015 scheint die Lösung der Rätsels nun gefunden. Seit Oktober werden die ET 430 Zug um Zug im Depot des Museums Eisenbahn-Erlebniswelt in Horb am Neckar umgebaut. Bisher sind acht von 87 fertig, bestätigt Bombardier-Sprecher Andreas Dienemann: „Das Eisenbahnbundesamt hat am 8. Dezember die Zulassung für die Fahrzeuge mit der aktuellen Lösung beschieden“, sagt Dienemann. Damit kann Bombardier die ersten Züge ins S-Bahn-Netz schicken. „Ab 4. Januar beginnt eine Testphase mit drei Fahrzeugen“, sagt der Mann aus Berlin, diese werden zu Fahrplanzeiten regulär im System unterwegs sein und von den Fahrgästen auf die Probe gestellt.

Der Umbau dauert bis Mitte 2017

„Danach folgen weitere Tests mit einer größeren Zahl von Fahrzeugen“, sagt Dienemann. Läuft alles glatt, wird die komplette Flotte umgebaut – was allerdings für alle 2088 Schiebetritte in 87 Zügen bis Mitte 2017 dauert. Damit liegt Bombardier im bisher bekannten Zeitplan.

Am Zeitbedarf für das Öffnen und Schließen der Türen wird sich nichts ändern. Fahrgäste hatten immer wieder beklagt, dass dies sehr lange dauere und offensichtlich auch zu den Verspätungen der S-Bahnen beitrage.

Das Aus- und Einfahren des Schiebetritts benötigt nach Dienemanns Angaben weiterhin drei Sekunden und das vollständige Öffnen und Schließen der Tür vier Sekunden, so dass der gesamte Vorgang bei sieben Sekunden bleibt. Eine Beschleunigung aber nennt Dienemann doch. Die Tür wird künftig schneller freigegeben, wenn die Bahn steht. „So kann der Triebzugführer den Fahrgästen etwa eine Sekunde schneller das Betätigen der Taster ermöglichen“, sagt Dienemann. Die Bahn hat vor zwei Jahren den Kampf um jede Sekunde ausgerufen. Außerdem sei der Mechanismus nicht mehr so empfindlich, dass wie bisher der kleinste Fehler gleich zum Ausfall des Schiebetritts führe. Dafür werden sowohl andere elektrische als auch mechanische Teile eingesetzt, die den Schiebetritt führen und verriegeln. Eine neue Software gehört ebenfalls zum Paket.

Bombardier-Sprecher: Die Baureihe ET430 ist eigentlich zuverlässig

Bei Bombardier ist man hoffnungsvoll, dass die Geschichte um den ET 430 nun zu einem guten Ende kommen wird. „Wenn man die bedauerliche Thematik mit den Schiebetritten ausklammert, läuft die Flotte insgesamt zuverlässig und stabil“, sagt Andreas Dienemann. Ein Bahn-Sprecher bestätigt: „Der ET 430 läuft zurzeit stabil und weitestgehend störungsfrei.“ Hoffentlich bleibt es dabei, wenn die Schiebetritte von Montag, 4. Januar, an zunächst im Test wieder ausgefahren werden.