Marc Funk bespricht mit den Teilnehmenden den Mangel an Sitzmöglichkeiten und Treffpunkten in der Fronackerstraße. Foto: Gottfried Stoppel

Die Stadt Waiblingen hat erkannt, dass deutsche Innenstädte sich wandeln und möchte, dass seine Bürgerinnen und Bürger sich einbringen. Doch wie sieht eine funktionierende Innenstadt aus?

In Waiblingen wartet man gespannt auf die anstehende Eröffnung der Markthalle. Pünktlich zu „Waiblingen leuchtet“ am Freitag, 6. Oktober, soll am Marktplatz ein neuer kulinarischer Treffpunkt für die Bewohner und Besucher der Stadt entstehen. Von Feinkostartikeln über frisches Obst und Gemüse bis hin zu einem offenen Gastrobereich soll dann für jegliche Vorlieben gesorgt sein.

Dass die Vorfreude auf den zentralen Schlemmertreff groß ist, wurde auch beim Innenstadtspaziergang am Donnerstag, organisiert von der Stadt Waiblingen, deutlich. Vertreter verschiedenster Waiblinger Institutionen wie etwa der Volkshochschule und interessierte Bürger verbrachten den Nachmittag mit einem Rundgang. Die große Frage: Welche Funktionen soll die Innenstadt künftig haben? Angeführt wurde die Tour von Marc Funk, dem Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt, und Julia Hantke von der Beratungsfirma Stadt + Handel. Angesichts des schrumpfenden Handels in deutschen Innenstädten sollten die Teilnehmer ihre Ideen für Verbesserungen äußern.

Der Fokus liegt auf der Bürgerbeteiligung

Der Rundgang ist Teil eines größeren Projekts der Stadt mit dem Ziel, Waiblingen nachhaltig fit für die Zukunft zu machen. Julia Hantke betonte hierbei: „Wir sind noch in Phase eins des Prozesses.“ Und auch Marc Funk machte gleich zu Beginn des Innenstadtspaziergangs klar, dass man neue Wege gehen und den Fokus auf Bürgerbeteiligung setzen wolle: „Wir wollen alles anders machen, nicht so viel erzählen und mehr zuhören“, so Funk.

Der Rundgang begann am Bahnhofsvorplatz und führte über den Alten Postplatz zum Apothekergarten. Endstation war die Touristinformation. Während des gut zweistündigen Gesprächs gab es allerdings auch Raum für Abweichungen vom Plan.

Beim Alten Postplatz gibt es Gesprächsbedarf – und Kritik an der Unterführung

So war es einigen Teilnehmern ein Anliegen, den Weg durch die Unterführung zum Alten Postplatz zu nehmen, anstatt einfach die Straße zu überqueren. Eine ältere Teilnehmerin berichtete, sie gehe nicht mehr in den Supermarkt in der Unterführung, da der Durchgang in solch schlechtem Zustand sei. Außerdem sei sie dort schon mehrfach angepöbelt worden. „Seitdem meide ich die Unterführung“, sagte sie.

Auch auf dem Alten Postplatz gab es Gesprächsbedarf. Während die Straßenbemalung Kinder zum Spielen einlädt, wird es im Sommer auf dem Asphalt zu heiß, um dort viel Zeit zu verbringen. Eine Beschattung durch Bäume sei laut Funk wegen unterirdischer Leitungen schwierig. Andere Teilnehmer wiesen auf den offenen Charakter des Platzes hin und sprachen sich deshalb gegen mehr Beschattung aus. Nun gilt es, die unterschiedlichen Bedürfnisse abzuwägen und einen öffentlichen Raum zu schaffen, in dem sich alle gern aufhalten.

Im Heimat-Check unserer Zeitung war Waiblingen oft nur Mittelmaß

Während es an manchen Stellen also unterschiedliche Meinungen der Teilnehmer gab, einte sie alle der Wille, Waiblingen aktiv mitzugestalten. Funk machte klar, dass das Projekt nur so gelingen könne: „Wir brauchen Sie als Stadtgestalter.“ Dies sei ein langer Prozess, der mit der Bürgerbeteiligung zur Neuausrichtung der Fronackerstraße 2021 begonnen habe und noch lange nicht abgeschlossen sei. Damals habe man einige schnelle Maßnahmen ergriffen, wie die Schaffung von Carsharing-Stellplätzen. Manche Ideen ließen sich zügig umsetzen, andere, wie beispielsweise die gewünschte Barrierefreiheit am Bahnhof, erforderten aber mehr Zeit.

Allgemeine Trends, die sich während des Spaziergangs herauskristallisierten, waren die gestiegene Nachfrage an konsumfreien Aufenthaltsorten in der Stadt sowie die vielerorts schlechte Parksituation. Dass Waiblingen für die Bürgerinnen und Bürger durchaus noch Optimierungspotenzial aufweist, wurde übrigens auch in unserer Serie Heimat-Check deutlich. Hier erreichte die Stadt vielfach ein Ranking im Mittelfeld. Bei der Frage nach der Zufriedenheit mit dem Einzelhandel bekam Waiblingen 6,36 Punkte bei einem Durchschnitt von 5,91 im Rems-Murr-Kreis. Beim Gastronomie-Check waren es 6,56 Punkte bei einem Durchschnitt von 5,72. Keine schlechten Werte, aber eben auch nicht Spitzenfeld.

Julia Hantke betonte, dass die Bürger weiter an der Neugestaltung der Innenstadt teilhaben sollen: „Das Vorgehen ist dabei nicht komplett vorbestimmt.“ Funk erklärte, Ziel sei es nun, die besprochenen Vorschläge und Ideen in Themenblöcke zu gliedern, um so einen Überblick zu bekommen. Und er hoffe, auch all jene Menschen zu erreichen, die sich bislang noch nicht beteiligt hätten: „Wir brauchen frischen Wind, neue Ideen. Wir sind offen und schließen nichts aus.“