Das Riesenrad wird seit Dienstag im Ehrenhof des Neuen Schlosses aufgebaut. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Nach dem Streit um das Fest zur Fußball-EM 2024 auf dem Schlossplatz fordert der FDP-Abgeordnete Haag das Land auf, das Veranstaltungsmanagement an die Stadt Stuttgart abzugeben. Das Ministerium denkt nicht daran.

Mit dem nun begonnenen Aufbau des Riesenrads im Ehrenhof des Neuen Schlosses kehrt auch die Erinnerung an eine schriftliche Auseinandersetzung zwischen Land und Stadt um die künftige Nutzung des Schlossplatzes und des Ehrenhofs zurück – und die heftige Debatte, ob nun dem Fanfest während der Fußball-EM im kommenden Jahr Vorrang einzuräumen sei oder den Jazz Open.

Der Stuttgarter FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag hat diesen Konflikt zum Anlass genommen, in einem Brief an Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) der Landesregierung eine „heillose Überforderung mit der Veranstaltungskoordination“ zu unterstellen und sie aufzufordern, „die ganzjährige Veranstaltungsplanung an eine erfahrene Veranstaltungsgesellschaft wie beispielsweise in.Stuttgart zu übertragen“. Dann würden solche Konflikte gar nicht erst auftreten. Das Land denkt allerdings gar nicht daran, die Verantwortung abzugeben, heißt es auf Anfrage.

Grüne wolle Veranstaltungen reduzieren

Die Staatssekretärin im Finanzministerium, Gisela Splett, beschrieb im Mai in einem Brief an die Stuttgarter Stadtverwaltung den Schlossplatz als „hoch frequentierte Fläche“ auf der sich „Touristen aus dem In- und Ausland mit der Stuttgarter Stadtgesellschaft“ mischten. Veranstaltungen erhöhten die Attraktivität des Platzes für die Bevölkerung. Eine Bespielung der Fläche mit Veranstaltungen, wie beispielsweise der Silvesterfeier, komme daher eine wichtige Rolle zu. Weil aber die denkmalgeschützte Parkanlage in ihrem kulturhistorischen Charakter zu schützen sei, hatte sie die Stadt „aufgefordert, ein Gesamtkonzept für die städtischen Veranstaltungen mit dem Ziel einer verantwortungsvollen Nutzung der Fläche vorzulegen“.

Im Rathaus stieß besonders der Hinweis auf Unverständnis, „die bisherige Veranstaltungsplanung insgesamt zu überdenken“ mit dem Ziel, die Events zur Weihnachtszeit zu reduzieren, weil sich ansonsten der Rasen nicht erholen könne. Pikanterweise zählte Splett auch den „Wintertraum“ dazu – den Vertrag über die Ansammlung von Trink- und Essbuden mit einer Eisbahn (nun Rollschuhbahn) in der Mitte schließt das Land aber direkt mit dem Betreiber ab, der auch mit dem Aufbau begonnen hat.

Genehmigungen in Aussicht gestellt

In der folgenden öffentlichen Debatte, wollte das Ministerium den Brief allerdings nur noch als Anregung, nicht als Drohung verstanden wissen. Und davon könne auch weiter keine Rede sein, haben der Leiter der Abteilung Vermögen und Bau Stuttgart, Simon Schreiber, sowie der für das Veranstaltungsmanagement zuständige John-Nicolas Heinemann nun gegenüber unserer Zeitung deutlich gemacht. Beim Riesenrad ist die Genehmigung für einen Betrieb vom 27. Oktober bis zum 7. Januar erteilt. Die Verträge für die Glanzlichter-Ausstellung mit leuchtenden Skulpturen und die vor allem aus Sicherheitsaspekten organisierte Silvesterfeier befänden sich in der Bearbeitungsphase.

Das Amt übernehme dabei „die zusätzliche Aufgabe, die drei Veranstaltungen untereinander zu koordinieren. Das ist auch leistbar.“ Aber natürlich wäre der Aufwand geringer, wenn die Stadt Stuttgart ihre Events selbst koordinieren und die Anfrage zur Nutzung des Schlossplatzes bündeln würde, so das Ministerium. Aktuell kümmern sich in. Stuttgart, Stuttgarter Marketing und die Stadt selbst um die drei Themen. „Das ist aber kein Muss, das Amt Stuttgart bekommt das auch so hin“, heißt es bei Vermögen und Bau.

Schlossplatz im Dauerstress

Der Schlossplatz lädt nicht nur zum Verweilen ein, er gehört mit dem Ehrenhof und dem Musikpavillon an der Königstraße zu den attraktivsten Veranstaltungsflächen und Hintergrundkulissen in der Stadt. Das Veranstaltungsmanagement, hat jedenfalls alle Hände voll zu tun. Zwischen Mai 2022 und Mai 2023 fanden 15 Veranstaltungen an 261 Tagen statt. Außerdem gibt es dort immer wieder Fotoshootings statt, und es werden Filme gedreht, die genehmigt und koordiniert werden müssen.

Simon Schreiber vergisst nicht zu erwähnen, dass die stark beanspruchte Infrastruktur dennoch unter Dauernutzung gepflegt und saniert werden muss. Das fängt beim Austausch von Rollrasen an und hört bei Bänken, Abfalleimern, Leuchtkörpern und der Videoüberwachung nicht auf. Veranstaltungsmanagement und Bauabteilung müssten sich eng abstimmen. Der Abbau der Baustelle um die Jubiläumssäule mit der Concordia erfolgte etwa nur wenige Stunden vor einer Veranstaltung des SWR. An die Adresse des Abgeordneten Haag richtet sich der Hinweis, am Beispiel der Veranstaltungen zur Fußball EM und den Jazz Open 2024 habe sich gezeigt, wie notwendig eine durch das Land auf die Interessen aller Akteure abgestimmte Planung sei. In seiner Eigenschaft als Eigentümer und letztlich Vermieter der Flächen sei es in ausgleichenden Gesprächen gelungen, die Interessen so zu koordinieren, dass beide Veranstaltungen stattfinden können.

Schlossplatz, Schloss und Ehrenhof als Einheit

Bezug nehmend auf die Forderung des Abgeordneten Haag nach einer Übergabe des Veranstaltungsmanagements sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums: „Wir sehen den Schlossplatz, Ehrenhof und das Neue Schloss sowie die umliegenden landeseigenen Flächen und Gebäude in ihrer Gesamtheit. Die Veranstaltungen auf dem Schlossplatz und dem Ehrenhof müssen auf die tatsächlichen Gegebenheiten, die Anforderungen an die denkmalgeschützten Anlagen und Gebäude und deren vielfältige Nutzungen hin abgestimmt werden.“

Kein Interesse an Abgabe von Verantwortung

Das Amt Vermögen und Bau erledigte das mit hoher Kompetenz. Konkret seien Abstimmungen mit der Parkpflege der Wilhelma, mit den Ministerien im Neuen Schloss, mit den zuständigen Behörden der Stadt Stuttgart und auch mit dem eigenen Baumanagement nötig. „Diese Abstimmungen bündelt das Amt Stuttgart und führt sie zuverlässig aus einer Hand durch.“ Daraus würden sich große Synergieeffekte und damit auch hohe Effizienz ergeben. Das Ministerium macht deutlich: „Eine Abgabe der Veranstaltungsplanung und -vergabe an einen Dritten ist demnach nicht in unserem Interesse.“