Justizia linst durch die Augenbinde, um Geldauflagen zu verteilen Foto: dpa

Wohin fließt das Geld, das oft fließt, wenn Verfahren eingestellt werden? Die beste Lösung wäre, alle Geldauflagen dem Staat zukommen zu lassen, meint Rainer Wehaus.

Stuttgart - Eigentlich klingt es nicht schlecht, was man immer wieder liest: Das Strafverfahren gegen XY wird gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt, das Geld geht an eine gemeinnützige Organisation. Tatsächlich steckt hinter solchen Meldungen ein mittelalterliches System. Wie Gutsherren entscheiden Staatsanwälte und Richter darüber, wohin die eingetriebenen Geldauflagen fließen. Das einzige Kriterium, die Gemeinnützigkeit, ist viel zu weit gefasst, als dass sich Willkür und Mauscheleien verhindern ließen.

Und so passieren Dinge wie diese: Eine ehemalige Richterin erbettelt sich dank ihrer guten Kontakte von ihrem alten Gericht Zehntausende Euro für ihren Verein, der Ausgrabungen in Ägypten unterstützt. Ein Amtsrichter lässt einem Reit- und Fahrverein, in dem seine Frau Schatzmeisterin und seine Tochter Geschäftsführerin ist, mehr als 20.000 Euro zukommen. Zwei Fälle, die mehr als nur ein Gschmäckle haben, die aber im Rahmen des Systems völlig legal sind. Zwei Fälle auch, die nur durch Zufall oder hartnäckiges Nachfragen ans Licht gekommen sind. Man muss leider vermuten, dass so etwas öfters vorkommt.

In Baden-Württemberg ist das System besonders undurchsichtig. Nicht einmal die Richter selbst wissen, welcher Verein wie stark von Geldauflagen profitiert. Auf Drängen des Rechnungshofs soll sich das zwar nun ändern – aber erst 2016. Die Justiz sollte sich gut überlegen, ob sie sich mit diesem Schneckentempo in puncto Transparenz einen Gefallen tut. Es sind nicht die Kritiker des Systems, die alle Richter unter Generalverdacht stellen, es ist das System selbst. Die beste Lösung wäre, alle Geldauflagen dem Staat zukommen zu lassen. Die Millionen gehören dem Steuerzahler und sollten nicht nach Lust und Laune verteilt werden dürfen.