Von Jürgen BockSTUTTGART. Immer wieder hat die Stuttgarter Notfallrettung in den

Von Jürgen Bock

STUTTGART. Immer wieder hat die Stuttgarter Notfallrettung in den vergangenen Jahren für Negativschlagzeilen gesorgt. Die gesetzliche Hilfsfrist wurde verfehlt, zuletzt wurden Vorwürfe laut, die dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) unterstellen, in der Vergangenheit Zahlen zurückgehalten zu haben. Die Bürgerinitiative Rettungsdienst fordert jetzt in einem offenen Brief an Ordnungsbürgermeister Martin Schairer eine unabhängige Fachaufsicht. Die Stadt sieht das ähnlich - das Land aber nicht.

Auf vier Seiten listet das Schreiben angebliche Versäumnisse der Rettungsdienste auf. Dazu gehört etwa die mangelhafte Bewerbung der europaweiten Notfallrufnummer 112. Fazit der Bürgerinitiative: So manches Problem wäre erst gar nicht entstanden, wenn es einen unabhängigen Ärztlichen Leiter als Fachaufsicht gäbe.

Bisher übt die Stadt die Rechtsaufsicht aus, für fachliche Fragen ist der Bereichsausschuss aus Krankenkassen und Rettungsorganisationen zuständig. In diesem Gremium gibt es einen Leitenden Notarzt. Dem traut die Bürgerinitiative aber nicht viel zu, so Sprecher Joachim Spohn: "Das Thema gehört dringend auf die Tagesordnung. Auch wenn die Gesetzeslage in Baden-Württemberg diesem Thema nicht gerade förderlich ist, muss nach einer Lösung für Stuttgart gesucht werden." Man hoffe, den Bürgermeister auf seiner Seite zu haben.

Diese Erwartung bestätigt Schairer: "Es fehlt immer noch am Qualitätsmanagement in der Notfallrettung. Ein Ärztlicher Leiter als Fachaufsicht könnte eine Lösung sein." Oberbürgermeister Wolfgang Schuster habe deshalb bereits im Mai 2008 ans Sozialministerium geschrieben. Das habe die Idee zurückgewiesen und bei der jüngsten Änderung des Rettungsdienstgesetzes nicht berücksichtigt. Stattdessen habe Ministerin Monika Stolz (CDU) bekräftigt, man wolle den Bereichsausschuss beim Thema Fachaufsicht besser unterstützen.

Passiert ist aus Sicht der Stadt bisher allerdings wenig. "Wir sehen die Fortschritte nicht so richtig", sagt Schairer. Das Vertrauen in die Selbstreinigungskraft im Bereichsausschuss sei nicht mehr vorhanden, denn es habe sich gezeigt, dass diese Kontrolle nicht funktioniere. Einen Alleingang könne Stuttgart aber nicht starten: "Wir bräuchten eine Systemänderung im Land", so Schairer.

Im Sozialministerium sieht man die Lage anders. Der Leitende Notarzt reiche aus, heißt es dort. Man habe den Worten von vor zwei Jahren auch Taten folgen lassen und "die Selbstverwaltung in die Verantwortung genommen, eine umfassende trägerübergreifende Qualitätssicherung zeitnah zu implementieren". Ministerin Monika Stolz sagt: "Die Kosten- und Leistungsträger sind derzeit dabei, eine entsprechende Konzeption zu erarbeiten."

Zuspruch erntet das Ministerium von einigen Betroffenen. "Die Qualität verbessern zu wollen ist richtig", sagt etwa Lisa Federle, Notärztin und kommissarische DRK-Vorsitzende in Tübingen, "aber der Bereichsausschuss genügt dafür." Er sei als Gremium besser für die Fachaufsicht geeignet als ein einzelner Ärztlicher Leiter.

Federle bringt zudem wieder eine eigene medizinische Notrufnummer neben der 112 ins Gespräch. Dafür gibt es bundesweit einen DRK-Vorstoß. "Bei großen Schadensfällen ist das besser, weil man sofort erkennt, wer medizinische Hilfe braucht und wer die Feuerwehr", sagt Federle. Dafür dürfte sie von der Bürgerinitiative Widerspruch ernten - der Rettungsdienst wird so schnell also nicht zur Ruhe kommen.